Rz. 67
Im Kontext der Unternehmensnachfolge sind folgende Grundmuster ehevertraglicher Gestaltungen von Interesse:
I. Güterrecht
Rz. 68
Der Schwerpunkt der ehevertraglichen Gestaltung wird im Ehegüterrecht liegen, wobei es im Regelfall das Ziel ist, eine ehegüterrechtlich begründete Beteiligung des Ehegatten am Betriebsvermögen zu vermeiden oder so zu gestalten, dass das Unternehmen im Falle eines Scheiterns der Ehe nicht gefährdet wird.
Im Kontext der Gestaltung des Ehegüterrechts steht darüber hinaus ein Konzept über die Verteilung des vorhandenen Vermögens unter den Eheleuten im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit, der angemessenen Altersvorsorge und unter erb- und schenkungsteuerrechtlichen Aspekten.
1. Sekundärgüterrecht
Rz. 69
Bei der Darstellung güterrechtlicher Verträge gewissermaßen "vor der Klammer" stehen die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Eheleuten außerhalb des Güterrechts und die hier nicht umfassend dargestellt werden können.
Rz. 70
Im Kontext der Unternehmensnachfolge erwähnenswert sind zunächst unternehmensbezogene Gesellschaftsverträge zwischen Familienmitgliedern. Hier kommt neben der gesellschaftlichen Beteiligung beider Ehegatten in der Betriebsgesellschaft vor allem die gemeinschaftliche Beteiligung in einer Besitz-, insbesondere Grundstücksgesellschaft in Betracht. In solchen "Familiengesellschaften" mögen bestimmte Gestaltungen "familienpolitisch" motiviert sein. Vorbehaltlich gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen werden die gesellschaftsvertraglichen Beziehungen von Eheleuten untereinander jedoch durch das Scheitern der Ehe nicht verändert. Konflikte in solchen Dauerschuldverhältnissen sind kein Spezifikum vertragsbeteiligter Eheleute.
Entsprechendes gilt für Arbeitsverträge zwischen einem Ehegatten oder seinem Unternehmen als Arbeitgeber und dem anderen Ehegatten.
Rz. 71
Immer wieder anzutreffen sind nicht vertraglich klar und typologisch nicht eindeutig gestaltete Formen der wirtschaftlichen, insbesondere beruflichen Zusammenarbeit von Eheleuten. Häufig arbeiten Ehegatten in Betrieben oder Freiberuflerpraxen des anderen unentgeltlich oder weit über den Rahmen des arbeitsrechtlich ausgestalteten Beschäftigungsverhältnisses hinaus mit, ohne dass dazu ausdrückliche Vereinbarungen getroffen werden. Hier stellt sich im Falle des Scheiterns einer Ehe, die zumeist auch mit dem Scheitern der beruflichen Zusammenarbeit einhergeht, die Frage von Ausgleichsansprüchen unter dem Gesichtspunkt der konkludent vereinbarten Innengesellschaft bürgerlichen Rechts oder eines konkludent vereinbarten familienrechtlichen Kooperationsvertrages, wenn die Zusammenarbeit einem über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck dient. Leben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand, so gewährleistet der Zugewinnausgleich im Zweifel eine angemessene Beteiligung des mitarbeitenden Ehegatten an dem im Unternehmenswert verkörperten Vermögenszuwachs. Wenn die Eheleute im Wissen um diesen güterrechtlichen Ausgleichsmechanismus auf eine vertragliche Regelung ihrer Zusammenarbeit verzichten, wird dies eher gegen die Annahme eines konkludent geschlossenen Vertrages über das Bestehen einer Innengesellschaft sprechen. Im Interesse der Rechtsklarheit und des Rechtsfriedens ist zu empfehlen, die Mitarbeit des Ehegatten im Unternehmen auf eine eindeutige, vollständige und abschließende vertragliche Grundlage zu stellen. Dies gilt umso mehr, wenn der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen oder modifiziert worden ist mit dem Ziel, die Teilhabe des Ehegatten am im Unternehmen erwirtschafteten Vermögenszuwachs auszuschließen. Anderenfalls kann über das Institut der konkludent vereinbarten Innengesellschaft im Einzelfall ein Ausgleichsanspruch begründet werden, der auf eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen im Verhältnis zu den von ihm geleisteten Beiträgen gerichtet ist, wobei gemäß § 722 Abs. 1 BGB im Zweifel eine Beteiligung an Gewinn und Verlust nach Köpfen vorzunehmen ist.
Rz. 72
Der wichtigste Aspekt des Sekundärgüterrechts sind die ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten. Hierbei handelt es sich um Zuwendungen, die zur Ausgestaltung der Ehe erfolgen, ohne auf einem Auftrag, einem Darlehen, einer Schenkung oder einem Gesellschaftsvertrag zu beruhen. Wenn sich nach den Umständen ein eheneutraler Rechtsgrund (Schenkung, Darlehen, Auftrag o.Ä.) nicht feststellen lässt, handelt es sich bei Vermögensverschiebungen zwischen den Eheleuten im Zweifel um eine ehebezogene Zuwendung. Im Kontext sind hier beispielhaft zu nennen die Aufnahme des Ehegatten als Mitgesellschafter, die Übertragung von Grundbesitz auf den Ehegatten oder der gemeinschaftliche Erwerb von Grundbesitz überwiegend aus Mitteln eines Ehegatten. Geschäftsgrundlage solcher Zuwendungen ist in der Regel der Fortbestand der Ehe, so dass bei Scheitern der Ehe ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1, 2 BGB in Betracht kommt, wenn die Beibehaltung der durch die Zuwendung geschaffenen Situation dem Zuwendenden nicht zuzumuten ist.