Rz. 93
Hinsichtlich der Kosten des Erbscheins ist zu unterscheiden zwischen den Kosten, die durch die Staatskasse für die Erteilung oder Ablehnung eines Erbscheinantrags festgesetzt werden, und den Kosten, die für die Beratung durch einen Rechtsanwalt entstehen.
a) Kosten der Staatskasse
Rz. 94
Die Kosten im Erbscheinsverfahren werden nach § 40 GNotKG, § 80 FamFG festgelegt. § 3 GNotKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 12210 KV regelt die Kosten für die Erteilung.
Praxishinweis
Es empfiehlt sich allein aus diesen Kostengründen, bei der Beantragung des Erbscheins unter Mitwirkung eines Rechtsanwalts besonders gründlich das Erbrecht darzustellen und sämtliche Informationen und Urkunden zu beschaffen, damit das Nachlassgericht ggf. nach § 352 Abs. 3 S. 4 FamFG auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verzichtet.
Rz. 95
Als Grundlage der Kostenentscheidung muss zunächst der Gegenstandswert (Geschäftswert) gebildet werden. Der Gegenstandswert wird aus dem reinen Nachlasswert gebildet. Abzugsfähig sind die Nachlassverbindlichkeiten. Für die Bildung des Gegenstandswerts eines Antrags auf Erteilung eines Hoferbfolgezeugnisses wird der gemeine Wert des Hofs zugrunde gelegt.
Rz. 96
§ 40 Abs. 1 GNotKG stellt zwar auf den Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls ab. Zur Wertermittlung dürfen als Passiva aber lediglich die Erblasserschulden, nicht hingegen die Erbfallschulden in Ansatz gebracht werden.
Rz. 97
Praxishinweis
Der mit der Antragstellung beauftragte Rechtsanwalt sollte auch bei der Mitteilung des Nachlasswerts darauf achten, dass möglichst alle abzugsfähigen Aufwendungen vom Mandanten beigebracht werden und bei der Ermittlung eines Grundstückswerts etwaige wertmindernde Aspekte, wie z.B. Lage, Zuschnitt und Bebaubarkeit, bei der Wertermittlung, die das Nachlassgericht vornimmt, ausreichend Berücksichtigung finden.
Rz. 98
Exemplarisch könnte eine Kostenrechnung des Nachlassgerichts für die Erteilung eines Erbscheins wie folgt aussehen:
(1) |
Gebühren für die Eröffnung der letztwilligen Verfügung von Todes wegen, § 3 GNotKG Anlage 1 Nr. 12101 VK in Höhe von 100 EUR. |
(2) |
Gebühren für die Beurkundung einer Versicherung an Eides statt, § 3 GNotKG Anlage 1 Nr. 12210 KV, 1,0 Gebühr, |
(3) |
Gebühr für die Erteilung des Erbscheins, § 3 GNotKG Anlage 1 Nr. 12210 KV, 1,0 Gebühr |
(4) |
Auslagen von Gericht und Notar nach Anlage 2, 3. Hauptabschnitt für Dokumentenerstellung, Kopien, Schreibauslagen und dergleichen. |
Rz. 99
Praxishinweis
Der mit der Beurkundung eines Erbscheinantrags befasste Notar hat den Antragsteller zu befragen, für welche Zwecke er den Erbschein benötigt. Stellt sich dabei heraus, dass er diesen nur für die Berichtigung des Grundbuchs benötigt und liegt ein einfacher, unkomplizierter Erbschaftsfall zugrunde, so hat der Notar den Antragsteller darüber zu belehren, dass es kostengünstiger wäre, lediglich das vorhandene Testament zu eröffnen und eine Niederschrift über die Testamentseröffnung vorzunehmen, damit diese dann dem Grundbuchamt zusammen mit einer Abschrift des Testaments zur Grundbuchberichtigung vorgelegt werden kann. Da der Nachweis des Erbrechts auch durch eine andere Form als durch einen Erbschein zulässig ist, muss der Notar folglich über die kostengünstigere Alternative zu einer Erbscheinsbeantragung belehren.
Rz. 100
Auch für den Fall, dass der Antragsteller den Erbschein lediglich zur Vorlage beim Handelsregister benötigt, findet die EU-Gesellschaftsteuer-Richtlinie keine Anwendung. Die für die Erteilung eines Erbscheins, der nur zur Vorlage beim Handelsregister benötigt wird, anfallenden Gebühren sind zulässig und stellen keinen Verstoß gegen die EU-Gesellschaftssteuer-Richtlinie dar.
b) Rechtsanwaltsgebühren
Rz. 101
Praxishinweis
Die Gebühren des Rechtsanwalts berechnen sich nach §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV RVG. Erfahrungsgemäß ist jedoch zu empfehlen, vorab zu prüfen, ob durch die Abrechnung der Leistungen nach dem RVG eine ausreichende Honorierung möglich ist. Gerade bei sehr komplexen Erbrechtssituationen, einer Vielzahl von Beteiligten, absehbaren Schwierigkeiten in der Beschaffung von Urkunden oder Problemen bei der Ermittlung von Beteiligten ist eine schriftliche Honorarvereinbarung mit einem angemessenen Stundensatz meist die wirtschaftlich empfehlenswertere Gestaltung. Grundsätzlich empfiehlt es sich, immer mit dem Mandanten die möglicherweise entstehenden Kosten zu besprechen und schriftlich mitzuteilen. Auch die Mitteilung, dass bestimmte Kosten noch nicht abgeschätzt werden können, ist dabei zu empfehlen.
Rz. 102
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Gebührenberechnung bestimmt sich nach § 23 Abs. 1 RVG, § 3 GNotKG. Die Berechnung hat also nach dem tatsächlichen Nachlasswert zu erfolgen. Lässt sich dieser nicht hinreichend bestimmen, hat wohl...