Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Erbschein

 

Leitsatz (redaktionell)

Aussetzung des Erbprätendentenstreits bis zur erstinstanzlichen Erteilung eines Erbscheins.

 

Normenkette

ZPO § 148

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 28.02.1994; Aktenzeichen 27 O 11949/93)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Aussetzungsbeschluß (§ 148 ZPO) des Landgerichts München I vom 28.2.1994 dahingehend abgeändert, daß der vorliegende Zivilprozeß ausgesetzt wird bis zur erstinstanzlichen Erteilung eines Erbscheins im Verfahren 93 VI 1807/91 (AG München).

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft im Zusammenhang mit erbrechtlichen Vorgängen. Unter den Parteien ist umstritten, ob der Kläger nach … Pflichtteilsberechtigter oder als Erbe berufen ist. Die erbrechtliche Nachfolge nach … ist Gegenstand eines Erbscheinsverfahrens vor dem Amtsgericht München, 93 VI 1807/91.

Im Hinblick auf dieses amtsgerichtliche Verfahren hat das Landgericht mit Beschluß vom 28.2.1994 die vorliegende Stufenklage gemäß § 148 ZPO ausgesetzt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Bezugsverfahren.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Beschwerde ist gemäß § 252 ZPO statthaft.
  2. Sie ist jedoch nur hinsichtlich der Dauer der Aussetzung begründet.

§ 252 ZPO eröffnet nach herrschender Auffassung nur eine Verfahrensrechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht hat also lediglich zu überprüfen, ob der Aussetzungsbeschluß auf Verfahrensfehlern beruht oder die Voraussetzungen bzw. Grenzen des Ermessens verkannt hat (Müko-Feiber § 252, 26; Stein-Jonas-Roth 21. Aufl. § 252, Rn 10; Zöller-Greger 18. Auflage § 252, Rn 6).

Die eingeschränkte Nachprüfbarkeit ergibt sich aus dem Prinzip der Selbständigkeit der Instanzen (OLG München FamRZ 1985, 495; Müko-Feiber § 252, Rn 27). Denn die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO erfolgt in Ausübung des Ermessens, welches das Gesetz ausdrücklich der Instanz einräumt. Hier kann es nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts sein, ermessensgemäße Verfahrensgestaltung korrigieren zu wollen nach eigenen Vorstellungen. Es ist die Selbständigkeit der Instanz, sein Verfahren im Rahmen der Gesetze zu gestalten.

Der Senat hatte sich daher darauf zu beschränken zu überprüfen, ob die Aussetzung verfahrensrechtlich zulässig und ermessensfehlerfrei war. Das ist – bis auf die Dauer der Aussetzung – zu bejahen:

a) Das Landgericht hat die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 148 ZPO (dazu: Thomas-Putzo 18. Aufl. § 148, 3, 4) zutreffend bejaht:

aa) Mit dem Erbscheinsverfahren (93 VI 1807/91) ist ein anderer Rechtsstreit anhängig, in dem über die Erbenstellung der Parteien entschieden wird, also eine Rechtsfolge die im auszusetzenden Prozeß Vorfrage ist.

Diese Frage ist auch vorgreiflich für den vorliegenden Zivilprozeß, wobei eine Rechtskraftwirkung (die dem Erbscheinsverfahren in Bezug auf den Zivilprozeß ohnehin fehlt) für den auszusetzenden Prozeß nicht erforderlich ist, Thomas-Putzo § 148, 3; Stein-Jonas-Roth § 148, Rn 22.

Im Erbscheinsverfahren wird zwar nicht mit Bindungswirkung für den Zivilprozeß festgeschrieben, wer Erbe ist, vielmehr hat das Prozeßgericht – auch abweichend von einem erteilten Erbschein – selbständig das Erbrecht festzustellen, BGHZ 47, 66. Dennoch ist die Erteilung des Erbscheins für den Zivilprozeß nicht bedeutungslos, denn er erleichtert im Zivilprozeß die Beweisführung:

Die Vermutung des § 2365 BGB gilt vor allem im Zivilprozeß des Erbscheinserben mit Dritten. Strittig ist, ob die Vermutung des § 2365 ZPO auch im Zivilprozeß zweier Erbprätendenten gegeneinander gilt. Die herrschende Auffassung stellt hierbei auf die Parteirolle ab (vgl. RG Warn 13 Nr. 300; Staudinger-Ferid 12. Aufl. § 2365, 25; Palandt-Edenhofer 53. Aufl. § 2365, 3, 4):

Ist der Erbscheins-Inhaber Kläger gilt § 2365 BGB: Der Beklagte muß den Gegenbeweis führen.

Ist der Erbscheins-Inhaber Beklagter, gilt § 2365 BGB nicht. Die Erteilung des Erbscheins verschafft dem Inhaber eine Art von Besitz der Erbschaft. Wer gegenüber dem Erbscheins-Inhaber das Erbrecht für sich beansprucht, muß als Kläger auftreten und wie im Falle des § 2362 BGB (wo die Vermutung des § 2365 BGB nicht gilt, Palandt-Edenhofer § 2362, 1) sein Erbrecht beweisen.

Demnach bindet zwar der Erbschein das Prozeßgericht nicht (BGHZ 47, 66), doch erleichtert der Erbschein die Beweisführung.

Im Hinblick auf diese Wirkung ist Vorgreiflichkeit im Sinne von § 148 ZPO zu bejahen.

b) Die Aussetzung nach § 148 ZPO erfolgt als prozeßleitende Maßnahme zur Verhinderung überflüssiger Mehraufwandes in parallel geführten Prozessen (Thomas-Putzo § 148, 2). Diesem Zweck trägt die Aussetzung vorliegend Rechnung. Denn der Kläger müßte für sein behauptetes Erbrecht (Auslegung des Erblasserwillens) noch Beweis antreten (was bislang nicht geschehen ist), worauf wohl die selben Zeugen wie im Erbscheinsverfahren zu vern...

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