Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 139
Neben den formellen Voraussetzungen eines zulässigen Scheidungsantrags ist materiell-rechtlich das Scheitern der Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Beteiligten festzustellen.
Rz. 140
Für einverständliche Scheidungsverfahren nach § 1565 Abs. 1 i.V.m. § 1566 Abs. 1 BGB gilt:
(1) |
Die Ehegatten müssen mindestens ein Jahr voneinander getrennt gelebt haben. |
(2) |
Ein den Formerfordernissen entsprechender Scheidungsantrag ist gestellt, §§ 124, 133 Abs. 1 FamFG, und enthält sämtliche Angaben nach § 133 Abs. 1 Nr. 1–3 FamFG. |
(3) |
Der Antragsgegner hat dem Scheidungsantrag mindestens schriftlich zugestimmt, § 134 FamFG. |
Die Erfüllung dieser Voraussetzungen bedeutet im Umkehrschluss, dass zum Zeitpunkt des Todes durchaus noch über Folgesachen der Scheidung gestritten werden kann, gleichwohl aber für die erbrechtliche Beurteilung (vgl. § 2077 BGB) die unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe anzunehmen ist.
Rz. 141
Bei streitigen Scheidungsverfahren nach § 1565 Abs. 1 BGB stellt sich die Situation in anderer Weise dar. Die Voraussetzungen sind
(1) |
die Erfüllung der formellen Formerfordernisse, also ein einseitiger Scheidungsantrag, der sämtliche notwendige Angaben enthält, §§ 124, 133 FamFG, |
(2) |
der Ablauf eines Trennungsjahres sowie |
(3) |
die Beweisführung, dass die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB. |
Die dritte Voraussetzung bedeutet jedoch, dass der häufig gewählte "einfache" Vortrag im Todesfall nicht genügt. Es muss detailliert und unter Beweisantritt zum Scheitern der Ehe vorgetragen werden. Bei Tod eines Beteiligten nach Rechtshängigkeit eines streitigen Scheidungsverfahrens ist entsprechend Beweis über das Scheitern der Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu erheben.
Über den Sachvortrag zum Scheitern der Ehe hinaus muss sodann nachvollziehbar vorgetragen werden, dass und warum eine Versöhnung ausscheidet. Die bloße – einseitige – Erklärung des Antragstellers, er halte die Ehe für zerrüttet und gescheitert, reicht dazu nicht aus. Es ist zu beweisen, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls keine Versöhnungsbereitschaft bestanden hat.
Hinweis: Hier droht ein Haftungsfall für den Anwalt, der trotz Möglichkeit entsprechenden Sachvortrags nicht ausreichend vorgetragen hat.
Rz. 142
Bei dreijähriger Trennungszeit bedarf es dieser Beweisführung zu oben (3) nicht. Gemäß § 1566 Abs. 2 BGB wird das Scheitern der Ehe sodann unwiderlegbar vermutet.
Bei Härtefallscheidungen vor Ablauf eines Trennungsjahres müssen in logischer Konsequenz die strengen Voraussetzungen einer unzumutbaren Härte zum Zeitpunkt des Todes des Beteiligten vorgelegen haben und bewiesen werden.
Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf den Wegfall des Ehegattenerbrechts berufen will. Die Voraussetzungen sind sodann im Erbscheinsverfahren bzw. im Rahmen der Erbschaftsklage zu prüfen.