Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Einschränkung gemäß § 1578b BGB
Rz. 373
§ 1578b BGB stellt eine Kernbestimmung des seit dem 1.1.2008 geltenden Rechts dar, mit der – beruhend auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung – eine Einschränkung des Unterhalts ermöglicht werden soll. Die Unterhaltspflicht beruht auf dem Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Diese Solidarität verlangt es in der Regel nicht, dass dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten über Unterhaltszahlungen dauerhaft ein Leben entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen ermöglicht wird; geboten ist es allerdings, dass wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen werden, solange und soweit sie der bedürftige Ehegatte als Folge der Ehe hat. Der nacheheliche Unterhalt soll nicht dazu führen, dass es dem bedürftigen Ehegatten dauerhaft besser geht, als es ihm ohne die Ehe gegangen wäre; der Unterhalt soll vielmehr – i.d.R. nach einer Übergangsfrist – lediglich verhindern, dass es ihm schlechter geht als ohne die Ehe.
Eine Unterhaltsbegrenzung muss, sofern die maßgeblichen Gründe bereits eingetreten oder zumindest zuverlässig vorauszusehen waren, schon im Ausgangsverfahren und kann nicht nachträglich über Abänderungs- oder Vollstreckungsgegenantrag geltend gemacht werden. Ein Antrag auf eine Begrenzung des Unterhalts nach Höhe und/oder Dauer ist neben einem Abweisungsantrag zwar nicht unbedingt erforderlich, aber dennoch zu empfehlen.
Die primäre Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, aus denen sich eine Begrenzung des Unterhalts ergeben soll, trägt der Unterhaltsschuldner. Jedoch hat der Unterhaltsgläubiger eine sekundäre Darlegungslast: Er hat, wenn der Schuldner ehebedingte Nachteile bestreitet, im Einzelnen darzulegen, welche Nachteile aus seiner Sicht entstanden sind; diese Darstellung hat der Schuldner, sofern sie substantiiert erfolgt ist, sodann zu widerlegen. Folgt allerdings aus unstreitigem Sachverhalt, dass ehebedingte Nachteile nicht mehr bestehen und deshalb eine Unterhaltsbegrenzung naheliegt, trägt der Unterhaltsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die gegen eine Begrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen.
Folgendes ist für die Frage des (Fort-)Bestehens eines Unterhaltsanspruchs nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe festzustellen:
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Der Unterhalt ist herabzusetzen und/oder zeitlich zu begrenzen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. |
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Für jeden Unterhaltsanspruch sind sowohl eine Höhenbegrenzung als auch eine Befristung möglich. Für den Anspruch wegen Kindesbetreuung gilt das nach BGH nicht; es muss deshalb festgestellt werden, aus welcher Gesetzesregelung der Unterhaltsanspruch abgeleitet wird. |
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Eine Einschränkung der Dauer und/oder der Höhe ist nicht nur bei relativ kurzen Ehen möglich, also bei einer Ehedauer (Eheschließung bis Zustellung des Scheidungsantrags) von etwa drei bis gut zehn Jahren, sondern auch bei längerer Ehedauer. Die jetzt auch im Gesetzestext erwähnte Ehedauer ist aber als eines der Billigkeitskriterien bei der nach § 1578b BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen. Der Anspruch wird reduziert auf einen Ausgleich dafür, dass sich der Unterhaltsgläubiger nur noch schlechter selbst unterhalten kann, als er das ohne die Ehe könnte. Es muss also geklärt werden, welches Einkommen der Unterhaltsgläubiger heute tatsächlich hat oder zumutbar haben könnte, ferner, welches Einkommen er heute ohne die Ehe mutmaßlich hätte. Außerdem ist zu klären, ob diese Einkommensdifferenz eine Folge der Ehe ist oder ob sie andere Ursachen hat. Je mehr sich ehebedingte Nachteile auswirken, umso eher scheidet eine Unterhaltseinschränkung aus; ist die Einkommensdifferenz jedoch keine Folge der Ehe, kann der Unterhalt auch bei langer Ehedauer nur dann nicht begrenzt werden, wenn es für den Unterhaltsgläubiger – insbesondere bei Berücksichtigung seines Alters bei Ehescheidung – unzumutbar ist, sich dauerhaft auf einen Lebensstandard einzurichten, der seinen eigenen beruflichen Möglichkeiten entspricht. Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten wird zu einer Art Schadensersatzanspruch: Schaden ist die als Folge der Ehe verschlechterte Einkommensmöglichkeit. |
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Liegen ehebedingte Nachteile vor, so ist eine Unterhaltsbefristung im Regelfall nicht möglich, sondern nur eine Begrenzung der Höhe nach. |
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Der Unterhalt kann auch begrenzt werden, wenn der Unterhaltsgläubiger ein gemeinsames Kind jedenfalls überwiegend betreut hatte. Die Betreuung eines Kindes und deren Dauer sind – neben der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit – nur noch ein und nicht das Kriterium für die Prüfung, inwieweit Nachteile für das berufliche Fortkommen und für die Möglichkeit, sich selbst zu unterhalten, eingetreten sind. |
Weil durch den Unterhalt in der Regel nur ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen, ist gemäß § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB bei jedem Unterhaltstatbestand zu fragen, inwieweit die Ehe zumindest mit ursächlich für die schlechten Einkommensmöglichkeiten des wirtschaftlich schwächeren Ehe...