Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 374
Der Unterhaltsanspruch kann wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1579 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen sein.
Das scheidet aber häufig aus, wenn gemeinsame minderjährige Kinder von dem unterhaltsberechtigten Ehegatten betreut werden müssen. Soweit sich ein Unterhaltsausschluss zum Nachteil eines solchen Kindes auswirken würde, darf der Unterhalt weder ausgeschlossen noch auch nur eingeschränkt werden, so dass also in derartigen Fällen jedenfalls der Mindestunterhalt (Existenzminimum: 960 EUR monatlich nach DT, Stand 1.1.2021) verbleiben muss.
Wenn zwischen Eheschließung und Zustellung des Scheidungsantrags nicht mehr als etwa drei Jahre liegen, es sich also um eine kurze Ehe i.S.d. § 1579 Nr. 1 BGB gehandelt hat, sind nacheheliche Unterhaltsansprüche im Regelfall ausgeschlossen. Dabei ist in § 1579 Nr. 1 BGB jetzt klargestellt worden: Die Dauer der in der Vergangenheit erfolgten und der zu erwartenden Kindesbetreuung ist nicht der Ehedauer hinzuzurechnen; sie ist nur – auf der Basis der tatsächlichen Ehedauer – bei der Abwägung mit zu berücksichtigen, ob und ggf. in welchem Umfang es grob unbillig ist, Unterhalt zu gewähren.
Ansprüche sind – weitgehend unabhängig von der Ehedauer – über § 1579 Nr. 2 BGB auch ausgeschlossen, wenn der Gläubiger in einer neuen, verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser neue Partner ihn unterhalten kann, und auch nicht darauf, ob sexuelle Beziehungen bestehen. Nach der Gesetzesbegründung soll maßgeblich sein, ob objektive, nach außen tretende Umstände den Schluss auf eine feste Beziehung nahe legen, etwa eine längere gemeinsame Haushaltsführung, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen oder – auch ohne gemeinsamen Haushalt – die Dauer der Verbindung. Auf die Ausgestaltung der Beziehung in persönlicher oder finanzieller Hinsicht soll es nicht ankommen, sondern ausschließlich darauf, dass sich der eine verfestigte Lebensgemeinschaft eingehende geschiedene Ehegatte (und über § 1361 Abs. 3 BGB auch der getrennte Ehegatte) aus der ehelichen Solidarität objektiv verabschiedet.
Ansonsten können Unterhaltsansprüche ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, sofern dem Gläubiger schwere Verfehlungen i.S.d. § 1579 Nr. 3–8 BGB vorzuwerfen sind. Dieses Fehlverhalten hat der Schuldner nachzuweisen. Der Gläubiger kann die Vorwürfe entkräften, wenn er entweder eigene Verfehlungen des Schuldners darlegt oder Tatsachen vorträgt, aus denen sich ergibt, dass die Ehe bereits vor dem ihm vorgeworfenen Verhalten nicht mehr intakt war. Schildert der Gläubiger Verfehlungen des Schuldners und/oder die Zerrüttung der Ehe nicht nur allgemein, sondern substantiiert und präzise, so ist es Sache des Schuldners, diese Darstellung zu widerlegen.