Rz. 149
Kommanditgesellschaften weisen, ebenso wie die KGaA, die gesellschaftsrechtliche Besonderheit auf, dass zwischen mit ihrem gesamten Vermögen haftenden und beschränkt haftenden Gesellschaftern unterschieden wird. Durch dieses Alleinstellungsmerkmal hebt sich die KG (KGaA) von allen übrigen Gesellschaftsformen ab.
Rz. 150
Ob die unterschiedlich verteilten Haftungsrisiken von Komplementären und der Kommanditisten auf die Anteilsbewertung durschlagen und wie sich das (betragsmäßig) konkret auswirken könnte, ist bislang ungeklärt. In der Rechtsprechung hat dieser Aspekt bisher praktisch keine Rolle gespielt. Vor dem Hintergrund der steigenden Zahl der Firmeninsolvenzen kommt der Frage des mit einer Unternehmensbeteiligung verbundenen Haftungsrisikos aber eine wachsende Bedeutung zu. Dies muss sich auch in der Anteilsbewertung widerspiegeln.
Rz. 151
Das gilt insbesondere für Unternehmen, die von persönlich haftenden Gesellschaftern betrieben werden. Denn diese können zwar alle erwirtschaften Gewinne dem Unternehmen entnehmen, haben jedoch nicht die Sicherheit, die ihnen einmal zugeflossenen Zahlungen auch dauerhafte behalten zu dürfen. Vielmehr müssen sie bei ihren Vermögensdispositionen das – wenn im Einzelfall vielleicht auch verschwindend geringe – Risiko der persönlichen Haftung für Schulden der Gesellschaft berücksichtigen. Ob dies durch eine zurückhaltendere Entnahmepolitik geschieht oder die Vorsorge durch einen entsprechenden Umgang mit dem Privatvermögen erfolgt, spielt dabei letztlich keine Rolle. Festzuhalten ist jedenfalls, dass es sich bei der persönlichen Gesellschafterhaftung um ein spezielles Risiko handelt, das bei der Ermittlung der entnahmefähigen Gewinne zu berücksichtigen ist. Ein Risikozuschlag bei der Bemessung des Kapitalisierungszinssatzes ist indes nach wohl h.M. nicht gerechtfertigt, weil dieser nicht die speziellen, sondern vielmehr die allgemeinen Risiken widerspiegeln sollte.
Rz. 152
Wird der Anteilswert, wie von der Rechtsprechung favorisiert, im Wege der indirekten Methode ermittelt, kommt es für die Berücksichtigung der KG-spezifischen Haftungsstrukturen in erster Linie auf die Vorgehensweise bei der Ermittlung des Werts des Gesamtunternehmens an.
Rz. 153
Soweit hierbei – entweder durch Kürzungen der erwartbaren entnahmefähigen Erträge oder durch einen entsprechenden Zuschlag beim Kapitalisierungszinsfuß – das Risiko der persönlichen Haftung bereits in den Unternehmenswert eingeflossen ist, sind bei der Bewertung des/der Komplementäranteile keine weiteren Besonderheiten zu beachten. Der Wert kann dann, abgesehen von anderen Zu- oder Abschläge rechtfertigenden Faktoren, quotal aus dem Unternehmensgesamtwert abgeleitet werden.
Rz. 154
Gleichzeitig ist bei der Bewertung der Kommanditanteile eine entsprechende Wertbereinigung in Form eines Zuschlags erforderlich. Denn die Beteiligung des nicht persönlich haftenden Gesellschafters stellt sich als eine deutlich risikolosere Kapitalanlage dar, auf deren Wert sich ein persönliches Haftungsrisiko gerade nicht auswirken darf. Die Höhe des Zuschlags hängt im Wesentlichen davon ab, wie sich das spezielle Haftungsrisiko des Komplementärs bei der Bewertung des Gesamtunternehmens ausgewirkt hat.
Rz. 155
Wurde der Umstand der persönlichen Haftung des Komplementärs bei der Unternehmensbewertung außer Acht gelassen, sind die Konsequenzen für die Anteilsbewertung genau umgekehrt. In diesem Fall kann der Wert der Kommanditanteile ohne weiteres aus dem Unternehmensgesamtwert abgeleitet werden. Bei der Bewertung der Komplementäranteile sind jedoch Abschläge zur Berücksichtigung des persönlichen Haftungsrisikos erforderlich.
Rz. 156
Praxishinweis
Im Hinblick darauf, dass Komplementär- und Kommanditanteile ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nach im Grunde genommen gar nicht miteinander vergleichbar sind, kann es durchaus sinnvoll sein, die jeweiligen Werte im Wege der direkten Methode zu bestimmen.
Rz. 157
Gerade in Fällen, in denen sich nur Kommanditanteile im Nachlass befinden, kann dieser Weg auf effizientere Weise zu einem sachgerechten Ergebnis führen. Schließlich kann hier auf die in den meisten Fällen recht problematische Bezifferung des Risikos der persönlichen Haftung vollständig verzichtet werden. Denn für den Kommanditisten kommt es ausschließlich auf den Barwert der ihm von der Gesellschaft zufließenden Zahlungen an. Das persönliche Haftungsrisiko des Komplementärs sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf den Unternehmensgesamtwert treffen ihn nicht.