Rz. 50

Viele Gerichte ordnen das persönliche Erscheinen der Parteien nach § 141 Abs. 1 ZPO an, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ein allein auf die Durchführung von Vergleichsgesprächen reduziertes Interesse reicht für die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Vorstandsvorsitzenden nicht aus.[26] Auch genügt es nicht, dass die Anwesenheit der Partei mit dem Ziel eines Vergleichsabschlusses wünschenswert ist.[27] Die Anordnung liegt im Ermessen des Gerichts. Bei der Abwägung sind u.a. die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits, die Entfernung zum Gerichtsort oder die Fähigkeit des Geladenen zur Sachaufklärung zu berücksichtigen.[28]

 

Rz. 51

Abzusehen ist von der Anordnung des persönlichen Erscheinens dann, wenn einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigen (persönlichen) wichtigen Gründen die Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist. Erforderlich ist mithin eine Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.[29]

 

Rz. 52

Auf Klägerseite (VN/VP) ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Sachverhaltsaufklärung meist sinnvoll und in der Praxis unproblematisch, da der Kläger in der Regel auch unaufgefordert am Termin teilnimmt.

 

Rz. 53

Auf Seiten der Beklagten (VR) ist die Situation anders. So erfolgt vielfach die Anordnung des persönlichen Erscheinens des am streitgegenständlichen Sachverhalt nicht beteiligten Vorstandsvorsitzenden des VR. Es ist nicht anzunehmen, dass dieser zur Sachaufklärung in der Lage ist.[30] Auch das Erscheinen des zuständigen Sachbearbeiters des VR ist regelmäßig nicht geboten. Dieser entscheidet nach der Aktenlage, die dem Gericht ebenfalls vorliegt. Sind darüber hinausgehende Informationen vom Sachbearbeiter erforderlich, z.B. zur Befragung wegen mündlicher Auskünfte des VN oder zum Verständnis der technischen Abläufe beim VR, dann bietet sich auch eine Ladung als Zeuge an.

 

Rz. 54

Das persönliche Erscheinen eines Vertreters der Beklagten ist überwiegend nicht erforderlich und meist genügt es, wenn der Prozessbevollmächtigte des VR umfassend unterrichtet und mit einer ausdrücklich auch nach § 141 abs. 3 S. 2 ZPO umfassenden Vollmacht ausgestattet ist.

[26] So OLG Düsseldorf v. 14.12.2004 – I-4 W 68/04, VersR 2005, 854.
[27] LG Aachen v. 29.9.2003 – 2 T 54/03, r+s 2004, 219.
[28] Kloth, S Rn 89.
[29] Baumbach-Hartmann, § 141 Rn 18.
[30] So z.B. LG Berlin v. 6.2.2003 – 7 T 2/03, r+s 2003, 440; OLG Düsseldorf v. 14.12.2004 – I-4 W 68/04, VersR 2005, 854.

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