Wenn eine Partei am persönlichen Erscheinen gehindert ist


Wenn die Prozesspartei am persönlichen Erscheinen gehindert ist

Nicht immer sind es Angst oder Desinteresse, die eine Partei von der Verhandlung fernhalten. Gelegentlich ist sie wirklich am Erscheinen gehindert. Wann wird das vom Gericht akzeptiert?    

Gründe, den Gerichtstermin zu verschieben

Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund wie zum Beispiel eine Erkrankung, ein länger geplanter Urlaub oder eine Geschäftsreise die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten und besteht auch nicht die Möglichkeit zur Durchführung der Verhandlung per Videokonferenz, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab oder verschiebt den Termin, bei welchem sie sich selbst vertreten wollte.

Vorsicht bei krankheitsbedingter Verhinderung

In der Praxis kommt es nicht selten zu der Situation, dass der Prozessvertreter einer persönlich geladenen Partei ohne die Partei vor Gericht erscheint und eine vom Hausarzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Mandanten vorlegt. Dies ist kein ausreichender Entschuldigungsgrund, da die Fähigkeit zum persönlichen Erscheinen nicht von der Arbeitsfähigkeit abhängt. In einem solchen Fall muss das ärztliche Attest ausdrücklich bestätigen, dass der Betroffene infolge seiner Erkrankung nicht verhandlungsfähig bzw. nicht reisefähig ist.

Vertretung vor Gericht

Um keinen Nachteil zu erleiden, weil man „nur“ einen Vertreter schickt, sei es ein Anwalt, sei es, bei einer Unternehmensangelegenheit, einen anderen Geschäftsführer o.ä., ist die Sachkunde des Parteivertreters wichtig. Fast alle Richter haben reichlich zu tun und schon vielfältige Erfahrungen mit Vertretern von Geschäftsführern und Unternehmern gemacht, die nicht im Bilde waren. Allerdings kann es auch passieren, dass der Geschäftsführer selbst keine Ahnung hat, weil der Vorgang nicht von ihm persönlich, sondern von einem anderen (leitenden) Angestellten bearbeitet wurde. Trotzdem sollte ein Geschäftsführer, der geladen ist, außer seinem Anwalt einen – möglichst sachkundigen - Vertreter schicken.

Gereizte Gerichte reagieren auf Abwesenheit empfindlicher

Bisweilen werden Gerichte gegenüber nicht erschienenen Geschäftsführern recht ruppig. So hat das AG Meldorf in einen bis heute von den Gerichten gern zitierten Ordnungsgeldbeschluss entschieden, dass der zur Güteverhandlung persönlich geladene Geschäftsführer, der ein größeres Unternehmen leitet und keine eigene Sachkenntnis hat, seine Befreiung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen nicht rechtfertigt. Auch die Entsendung eines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts zur Güteverhandlung hinderte nach dem Richterspruch die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den ausgebliebenen Geschäftsführer nicht. Wörtlich heißt es in der Entscheidung:

„Unabhängig von ihrer Stellung sind alle Menschen vor dem Gesetz - hier: § 141 ZPO - gleich (Art. 3 GG). Dass die Geschäftsführer im Einzelfall durch vorrangige Verpflichtungen an der Wahrnehmung des heutigen Termins verhindert seien, ist nicht vorgetragen. Es kommt hinzu, dass die Geschäftsführer nach § 141 ZPO die Möglichkeit haben, einen Vertreter zu entsenden, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insb. zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Dem Geschäftsführer eines größeren Unternehmens ist es ganz regelmäßig möglich, einen sachkundigen Mitarbeiter des Unternehmens zu bevollmächtigen und an seiner Statt zu entsenden

(AG Meldorf, 12.1.2010, 81 C 1305/09).

Die Ankündigung, einen instruierten Vertreter zu entsenden, führt nach § 141 Abs. 3 ZPO allerdings nicht zur Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens, sondern hindert nur die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die nicht erschienene Partei.

Ladung zur Güteverhandlung folgt anderen Regeln

Es ist zwischen dem gerichtlichen Ziel der Sachverhaltsaufklärung und dem Bemühen um eine gütliche Erledigung zu unterscheiden: Ziel der Ladung gem. § 141 ZPO ist es, eine schnelle Sachverhaltsaufklärung zu ermöglichen. Daneben enthält die ZPO in § 278 für die Güteverhandlung in Absatz 3 eine gesonderte Anordnung: „Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend“.

Daraus schlussfolgert etwa das AG Meldorf, „dass die bloße Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten das persönliche Erscheinen der Partei zur Güteverhandlung nicht ersetzt und infolgedessen ein Ordnungsgeld gegen die ausgebliebene Partei verhängt werden kann.

Gemäß § 278 Abs. 3 Satz 1 ZPO soll das Gericht für die Güteverhandlung und weitere Güteversuche das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 278 ZPO ist die § 141 ZPO betreffende Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres übertragbar, weil die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Güteverhandlung einen anderen Zweck verfolgt als die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 141 ZPO). Dementsprechend erklärt § 278 Abs. 3 S. 2 ZPO die maßgeblichen Vorschriften des § 141 ZPO nur für entsprechend anwendbar, also nur mit Rücksicht auf den unterschiedlichen Zweck der Güteverhandlung“.

Der Anwalt als Vertreter der Partei

Der Anwalt der ohne Partei zum Termin geht wird nicht immer akzeptiert. Schwierig wird es insbesondere, wenn er nicht die nötige Beinfreiheit für Verhandlungen hat, also keinen Vergleich abschließen kann. Schlecht kommt es auch an, wenn er nicht über wichtige Details die im Verfahren eine Rolle spielen, Bescheid weiß. Dann hat das Gericht schnell den Eindruck, seine Zeit zu „verplempern“. Zu einer Entspannung der Lage kann hier allenfalls ein bis ins Detail sachlich gut informierter Anwalt beitragen, aber auch dies gelingt nicht immer.

Wann wird der Anwalt als Vertreter der geladenen Partei vom Gericht akzeptiert? Der Prozessbevollmächtigte ist kein ausreichend informierter Vertreter i.S.v. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wenn er nicht den gleichen Kenntnisstand besitzt, wie die von ihm vertretene Partei. Maßgeblich für den erforderlichen Kenntnisstand sind diejenigen Fragen, die das Gericht im Termin für erheblich und aufklärungsbedürftig hält. Kommt es nach Auffassung des Gerichts auf den persönlichen Eindruck von den Parteien an - wie z.B. bei streitigem Sachvortrag zu mündlichen Vereinbarungen -, ist ein Rechtsanwalt, der bei den Gesprächen nicht dabei war, nach Ansicht des OLG Karlsruhe (Az.: 9 W 69/11) kein geeigneter Vertreter i.S.v. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Schlagworte zum Thema:  Sanktion, Gerichtsverfahren