Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 4
Lebt der Unterhaltspflichtige mit der neuen Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt, so kann dies Auswirkungen auf seinen unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt haben (sog. Synergien).
Rz. 5
Als Synergieeffekt bezeichnet man die durch das Zusammenleben mit einer leistungsfähigen anderen Person ausgelöste Haushaltsersparnis:
▪ |
Auf Seiten der Unterhaltspflichtigen kann diese Haushaltsersparnis zum einen zur Herabsetzung des Selbstbehaltes herangezogen werden und hat dann im Mangelfall Bedeutung. |
▪ |
Zum anderen ist aber möglicherweise auch eine darauf gestützte allgemeine Erhöhung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens möglich, wobei sich dann auch praktische Auswirkungen oberhalb der Einkommensbereiche eines Mangelfalls ergeben. |
1. Herabsetzung des Selbstbehaltes
Rz. 6
Eine Herabsetzung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts kommt in Betracht kommt, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für Wohnung oder die allgemeine Lebensführung spart ("Zusammenleben ist billiger") und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen – im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft – geringeren Bedarf verweisen lassen müsste. Daher ist bei der Unterhaltsbemessung die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis zu berücksichtigen, da sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch eine solche Entlastung erhöht.
Rz. 7
Praxistipp:
▪ |
Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht neu verheiratet ist und deswegen auch keine Ansprüche auf Familienunterhalt oder sonstige Versorgungsleistungen bestehen. |
▪ |
Dies gilt auch bei einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. |
Rz. 8
Die Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts beruht dann auf der Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung, die regelmäßig zu einer Kostenersparnis und zu Synergieeffekten führt, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten. Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann in diesen Fällen um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden. Wird der Selbstbehalt abgesenkt, stehen diese – tatsächlich vorhandenen – Geldmittel insoweit zur Deckung des Unterhaltsanspruchs zur Verfügung. Entsprechendes gilt auch, wenn wegen der Verletzung einer Erwerbsobliegenheit von fiktiven Einkünften des Unterhaltspflichtigen ausgegangen wird.
Rz. 9
Praxistipp:
▪ |
Für diesen Ansatz ist es gleichgültig, ob der Unterhaltsanspruch von einem minderjährigen oder volljährigen Kind, einem Ehegatten oder einem Elternteil gegen den Unterhaltspflichtigen geltend gemacht werden. Die Differenzierung erfolgt über die Höhe der unterschiedlichen Selbstbehaltssätze. |
▪ |
In der Praxis ist der Gegenbeweis durch den Unterhaltspflichtigen möglich: Es tritt keine Ersparnis ein (der Partner kostet mehr, als er einbringt!) |
▪ |
Zu berücksichtigen wird hierbei allerdings sein, ob möglicherweise diese Ersparnis wieder durch eine Unterhaltspflicht gegenüber diesem Partner aufgezehrt wird. |
a) Leistungsfähigkeit des Partners
Rz. 10
Praxistipp:
▪ |
Erforderlich ist allerdings, dass der neue Partner ausreichend leistungsfähig ist. Umstritten ist hierbei, ob Sozialleistungen als Einkommen in diesem Sinne gewertet werden können. |
▪ |
Unabhängig von dieser dogmatisch umstrittenen Frage, ob Sozialleistungen als Einkommen in diesem Sinne gewertet werden können, sollte in der Praxis darauf geachtet werden, in welcher Höhe der neue Partner Leistungen bezieht und ob es angemessen ist, daraus eine Synergie in Höhe von 10 % des Selbstbehaltes des Unterhaltspflichtigen abzuleiten... |