Lücke im Unterhaltsvorschussgesetz kann Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen erhöhen
In einem vom OLG Dresden entschiedenen Fall und nun vom BGH bestätigt wurde, hatte die Kindesmutter nach der Trennung die Betreuung der Kinder übernommen und Unterhaltsvorschuss von der Unterhaltsvorschusskasse bezogen, weil der Kindesvater nicht einmal den Mindestunterhalt für die gemeinsamen Kinder zahlte.
In Höhe der gewährten Leistungen ging damit der Unterhaltsanspruch der Kinder gegenüber ihrem Vater auf die Unterhaltsvorschusskasse über. Diese ist aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs berechtigt, den Unterhaltsanspruch selbst gegenüber dem Vater geltendzumachen.
Vater bestand unter Hinweis auf die leistungsfähige Großeltern auf angemessenen Selbstbehalt
Der Vater wendete jedoch gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse ein, dass er unter Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts (derzeit 1.400,00 EUR) nur einen Betrag in Höhe von 100,00 EUR für den Unterhalt seiner Kinder aufbringen könnte. Auf den geringeren notwendigen Selbstbehalt (derzeit 1.160,00 EUR)wollte er sich nicht verweisen lassen mit der Begründung, dass seine eigenen Eltern, also die Großeltern seiner Kinder, leistungsfähig seien.
Sein Vater verdiente als Polizeibeamter ca. 3.500 EUR netto monatlich und seine Mutter als Postzustellerin ca. 2.300 EUR. Damit waren die Großeltern selbst unter Zugrundelegung eines erweiterten Selbstbehalts tatsächlich leistungsfähig.
Ersatzhaftung anderer Verwandter
Nach § 1603 Abs. 2 BGB haben die Eltern minderjähriger Kinder zwar grundsätzlich alle verfügbaren Mittel für ihren und den Unterhalt der Kinder gleichmäßig zu verteilen und können für den eigenen Unterhaltsbedarf somit nur den notwendigen Selbstbehalt beanspruchen. Dies gilt aber nicht, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger, leistungsfähiger Verwandter vorhanden ist.
Der Kindesvater konnte sich gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse daher zu Recht auf einen erhöhten Selbstbehalt wegen der Leistungsfähigkeit der Großeltern berufen und war somit nicht verpflichtet, die gewährten Unterhaltsvorschussleistungen zu erstatten.
Kein Regressanspruch der Unterhaltsvorschusskasse gegenüber den Großeltern
Gegen die Großeltern konnte die Unterhaltsvorschusskasse aber nicht im Wege des Regresses vorgehen, denn diese Möglichkeit ist im Unterhaltsvorschussgesetz nicht vorgesehen. Ganz offensichtlich besteht eine Lücke im Gesetz, die der Kindesvater sicher zunutze machen konnte. Die Großeltern hätten nur von den Enkelkindern selbst auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen werden können, wenn kein gesetzlicher Forderungsübergang auf die Unterhaltsvorschusskasse stattgefunden hätte.
Rechtsbeschwerde der Unterhaltsvorschusskasse vor dem BGH blieb erfolglos
Der BGH bestätigte die Rechtsauffassung des OLG Dresden. Zwar ist die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder grundsätzlich vorrangig gegenüber der Unterhaltspflicht der Großeltern. Die Eltern müssen sich aber nicht auf den geringeren notwendigen Selbstbehalt verweisen lassen, sondern können den angemessenen Selbstbehalt für sich beanspruchen, wenn die Großeltern finanziell leistungsfähig sind.
Nach dem Willen des Gesetzgebers als Ausdruck der generationenübergreifenden Solidarität ist die gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern wegen der damit verbundenen Härte nämlich dann nicht gerechtfertigt, wenn andere Verwandte – hier die Großeltern – zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet und unter Wahrung ihres – sogar höheren – Selbstbehalts imstande sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Unterhaltsvorschusskasse die Großeltern nicht in Regress nehmen kann. Dies ist eine gesetzgeberische Entscheidung, die sich nicht auf den Umfang der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht auswirkt.
(OLG Dresden, Beschluss v. 08.02.2021, 23 UF 474/20).
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Trennt sich das Elternpaar und zahlt der verpflichtete Ex-Partner keinen (ausreichenden) Unterhalt für die gemeinsamen Kinder (mehr) oder war das Paar nie zusammen und / oder ein Partner nie zahlungswillig bzw. -fähig , springt "Vater" Staat nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) ein. Er sichert so die wirtschaftliche Stabilität des Elternteils, der für die Betreuung und Erziehung der Kinder sorgen und anderenfalls für den ausfallenden Barunterhalt aufkommen müsste. Allerdings versucht die Unterhaltsvorschusskasse, dass Geld zurückzuerhalten.
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