Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 135
Grundsätzlich ist bei allen Risikoausschlüssen zu prüfen, ob mit einer solchen Klausel eine Risikoabgrenzung oder eine verhüllte Obliegenheit vereinbart wurde. Auf den Wortlaut der Bestimmung kommt es nicht an. Zu fragen ist, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, das der Versicherer nur in den beschriebenen Grenzen übernehmen möchte. Dann handelt es sich um eine echte Risikoabgrenzung. Fordert hingegen die Klausel vom Versicherungsnehmer ein bestimmtes vorbeugendes Verhalten, von dem es abhängen soll, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert, handelt es sich um eine verhüllte Obliegenheit, solange das vom Versicherungsnehmer geforderte Verhalten im Vordergrund steht und nicht hinter objektiven Voraussetzungen zurücktritt. Bei der verhüllten Obliegenheit wird also ein zunächst gegebener Versicherungsschutz wegen eines bestimmten nachlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers wieder entzogen, während bei der echten Risikoabgrenzung von vornherein nur ausschnittsweise eine Deckung gewährt wird.
Rz. 136
Ein genereller Risiko- bzw. Leistungsausschluss – im Gegensatz zum individuellen – für bestimmte Erkrankungen ist in der BUV im Lichte des § 172 VVG nicht statthaft. Es widerspricht dem wesentlichen Grundgedanken der Berufsunfähigkeitsversicherung, dass bestimmte Krankheiten, z.B. psychische Erkrankungen, aus dem Versicherungsschutz ausgenommen werden; dies führt zur Unwirksamkeit eines derartigen Risikoausschlusses. Für Altverträge gilt das Leitbild des § 172 VVG jedoch nicht unmittelbar (vgl. Art. 4 Abs. 3 EGVVG).
Rz. 137
§ 3 MB BUZ 22 sowie § 5 MB BUV 22 und – soweit ersichtlich – sämtliche weiteren auf dem Markt befindlichen Versicherungsbedingungen enthalten Ausschlussklauseln. Diese sind als sekundäre Risikoabgrenzungen zu charakterisieren und nicht als verhüllte Obliegenheiten, denn die diesbezüglichen Bedingungen der Versicherungswerke beinhalten eine individualisierende Beschränkung des vom Versicherer übernommenen Wagnisses und fordern nicht in erster Linie ein bestimmtes vorbeugendes Verhalten des Versicherungsnehmers, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert.
Rz. 138
Beweispflichtig für die Voraussetzungen einer sekundären Risikobegrenzung ist der Versicherer. Es genügt, dass eine ausgeschlossene Ursache mitursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls geworden ist, um die Ausschlusswirkung auszulösen.
Rz. 139
Grundsätzlich gilt, dass Risikoausschlüsse eng auszulegen sind. Auch unterliegen sie der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, dahingehend, ob sie für den Versicherungsnehmer überraschend sind oder ihn unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB).