Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 159
Mitunter werden die Ausschlusstatbestände einzelvertraglich erweitert, wenn sich der Versicherer außerstande sieht, bestimmte erkannte Krankheitsrisiken des Versicherungsnehmers und deren Folgen zu tragen. Solche individualvertraglich vereinbarten Risikoausschlüsse sind grundsätzlich zulässig, jedoch in der Regel auslegungsbedürftig. Maßgebend ist der Sinn und Zweck des Ausschlusses, wobei grundsätzlich keine enge Auslegung stattfindet und auch entferntere Folgen der in Rede stehenden Erkrankung noch zu einem Ausschluss führen. Wird eine Klausel mehrfach verwendet, unterliegt sie allerdings grundsätzlich der Kontrolle der §§ 305 ff. BGB.
Beispiele
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Der Versicherer vereinbart mit dem Versicherungsnehmer den Deckungsausschluss für "Berufsunfähigkeit als Folge einer Erkrankung der Wirbelsäule oder Bandscheiben", weil bei dem Versicherten ein Morbus Scheuermann diagnostiziert worden ist. |
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Wegen eines Krampfaderleidens der Beine eines Versicherungsnehmers wird folgender Risikoausschluss vereinbart: "Die in der im Zusammenhang mit der Antragstellung abgegebenen besonderen Erklärung benannte Vorerkrankung und deren unmittelbare Folgen begründen keine Leistung aus der BUZ. Sie bleibt außerdem bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen Gründen der Berufsunfähigkeit unberücksichtigt." |
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Wird in einer Klausel vereinbart, dass "die unten bezeichnete Gesundheitsbeeinträchtigung und alle Leiden einschließlich eventueller Operationsfolgen, die medizinisch nachweisbar damit ursächlich zusammenhängen, eine Leistung aus der BUZ nicht bedingt und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleibt", und wird nachfolgend weiter aufgeführt: "Art der Gesundheitsbeeinträchtigung: Erkrankung des linken Auges", führt dies dazu, dass die Erkrankung des linken Auges weder für sich genommen einen Leistungsanspruch begründen noch im Zusammenspiel mit anderweitigen Erkrankungen den Grad der Berufsunfähigkeit beeinflussen, insb. erhöhen kann. Sie soll vielmehr selbst im Falle einer Verschlechterung auf die Feststellung der Berufsunfähigkeit keinerlei Einfluss haben. |
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Ist die Berufsunfähigkeit wegen einer Erkrankung der Wirbelsäule ausgeschlossen, erstreckt sich der Ausschluss auch auf eine psychische Fehlverarbeitung oder Depression aus Anlass der Beschwerden. |
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Wurde eine Psoriasis (Hauterkrankung) aus dem Versicherungsschutz ausgeschlossen, ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung ebenso eine zwischenzeitlich aufgetretene Arthritis psoriatica (Gelenkerkrankung) ausgeschlossen, wenn beide Erkrankungen auf eine Grundkrankheit zurückzuführen sind. |
Rz. 160
Auch ein zeitlich gefasster Ausschluss ist in gewissen Grenzen nicht unzulässig, sofern er den Schutz nicht entwertet. Der Leistungsausschluss für Gesundheitsstörungen, die in den letzten 12 Monaten vor Vertragsbeginn vorhanden waren und die in den nächsten 24 Monaten zu einem Versicherungsfall führen, soll rechtswirksam sein.
Rz. 161
Ist der Versicherungsnehmer durch eine von einem individuellen Risikoausschluss erfasste Erkrankung berufsunfähig geworden, so schließt das den Eintritt von Berufsunfähigkeit wegen einer anderweitigen Erkrankung nicht aus; dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um andersartige und nicht zusammenhängende Erkrankungen handelt.
Beispiel
Ist im Vertrag geregelt, es gelte als vereinbart, dass Erkrankungen und Funktionsstörungen der Wirbelsäule "eine Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht bedingen und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleiben", bedeutet dies, dass so getan wird, als gäbe es die kranke Wirbelsäule des Versicherten nicht. Die Klausel kann vom Versicherer nur so gemeint sein und nach dem Empfängerhorizont des Versicherten auch nur so verstanden werden, dass eine Leistungspflicht wegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit, also einer vom Leistungsausschluss sachlich nicht erfassten anderen Krankheit, hier einer psychischen Erkrankung, unberührt bleibt.
Hiervon zu trennen ist das Problem, dass mehrerer Ursachen für die Berufsunfähigkeit vorliegen. Trifft eine ausgeschlossene Ursache mit einer nicht ausgeschlossenen zusammen und haben beide den Versicherungsfall mitursächlich herbeigeführt, bleibt es bei dem Ausschluss, weil durch die Risikobegrenzung verhindert werden soll, dass ein Versicherer ein nicht überschaubares oder ein durch eine Vorerkrankung von vornherein erhöhtes Risiko auf Kosten der Versicherungsgemeinschaft übernehmen muss.