Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 294
Sollen die Leistungen im Versicherungsfall an einen vom Versicherungsnehmer benannten Dritten erfolgen, so kann dieser dem Begünstigten eine Bezugsberechtigung nach Maßgabe der §§ 176, 159, 160 VVG, entsprechend den Vorschriften zur Lebensversicherung, einräumen.
Beispiel
Ein Alleinverdiener will seinen Ehepartner für den Fall seiner Berufsunfähigkeit absichern und diesem daher direkt Leistungen zugutekommen lassen und ggf. (beim unwiderruflichen Bezugsrecht bzw. in der Leistungsphase) dem Zugriff seiner Gläubigern entziehen.
Allerdings hat nur der Inhaber eines unwiderruflichen Bezugsrechts eine nicht entziehbare Rechtsstellung, wohingegen ein widerrufliches Bezugsrecht bis zum Eintritt des Versicherungsfalls jederzeit widerrufen werden kann (vgl. § 159 VVG). Demzufolge gehört die faktische Aussicht des Bezugsberechtigten bei der widerruflichen Einräumung des Rechts noch zum Vermögen des Versicherungsnehmers. Wird der Versicherungsnehmer insolvent, fällt nach der Rechtsprechung die unwiderruflich zugewendete Aussicht nicht in dessen Insolvenzmasse. Die Anordnung der Unwiderruflichkeit führt vielmehr zum sofortigen Erwerb der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zugunsten des Berechtigten.
Rz. 295
Für den Fall der Zwangsvollstreckung durch einen Gläubiger oder bei Insolvenz können ein Bezugsberechtigter oder ersatzweise der Ehegatte/Lebenspartner bzw. die Kinder des Versicherungsnehmers gegen Wertausgleich nach Maßgabe des § 170 VVG in den Versicherungsvertrag eintreten.
Rz. 296
Bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts kann der Versicherungsnehmer dieses dem Begünstigten zwar nicht einseitig entziehen, er darf jedoch den Vertrag kündigen oder dessen Dauer verändern. Häufiger wird indes im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung lediglich eine widerrufliche Bezugsberechtigung vereinbart. Dieses führt lediglich zu einer ungewissen künftigen Erwerbsaussicht für den Versicherungsfall. Der Versicherungsnehmer kann dem Bezugsberechtigten das Recht jederzeit durch einen Widerruf entziehen.
Rz. 297
Die Person des Bezugsberechtigten ist gemäß §§ 160, 176 VGG durch Auslegung zu ermitteln, wenn sie nicht namentlich, sondern abstrakt benannt ist. Eine Bezugsberechtigung des Ehegatten bedeutet, auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt bleiben soll, solange sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Die Bezugsberechtigung ist nicht automatisch für den Fall der Scheidung als auflösend bedingt vereinbart anzusehen.
Rz. 298
Da aber die in der Bezugsberechtigung der Ehefrau liegende Begünstigung Ausdruck der gemeinsamen Lebensführung und der ehelichen Gemeinschaft ist, liegt regelmäßig im Scheitern der Ehe ein Wegfall der Geschäftsgrundlage im Verhältnis der Ehepartner. Dieselben Grundsätze gelten grundsätzlich auch für die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Es besteht daher bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht ein Anspruch gegen den Ex-Partner auf Zustimmung zum Verzicht auf selbiges.
Rz. 299
Hat jemand den Versicherungsschein im Besitz, der jedoch kein eigenes Forderungsrecht an der Versicherungsleistung hat, so muss dieser den Versicherungsschein an den Berechtigten herauszugeben. Benennt der Versicherungsnehmer den "Inhaber des Versicherungsscheines" als bezugsberechtigt, wird damit zwar regelmäßig kein Bezugsrecht begründet. Derjenige, der mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers den Besitz am Versicherungsschein erlangt hat, soll jedoch im Leistungsfall vom Versicherer als bezugsberechtigt abgesehen werden können.