Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 45
Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss weiter kausal zu einer voraussichtlich dauerhaften Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Ausübung der konkreten Berufstätigkeit führen. Dies muss vom Versicherungsnehmer dargelegt werden.
Die Erfordernis der Kausalität ergibt sich aus der Begrifflichkeit "infolge".
Rz. 46
Ist ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt, erkrankt hierdurch psychisch und/oder physisch und kann infolgedessen seine konkrete berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben, kann ebenfalls Berufsunfähigkeit vorliegen, ungeachtet dessen, ob dies an einem anderen Arbeitsplatz nicht der Fall wäre; es darf jedoch keine bloße Arbeitsplatzunverträglichkeit vorliegen. Wird der belastende Arbeitsplatz aufgegeben, kann allerdings für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht mehr auf das Mobbing am früheren Arbeitsplatz abgestellt werden.
Rz. 47
Der Versicherungsnehmer hat einen typischen Arbeitstagablauf mit einer konkreten Arbeitsbeschreibung für die Zeit vor der Erkrankung darzulegen, in der die im Beruf der versicherten Person anfallenden Tätigkeiten nach ihrer Art und Häufigkeit ebenso wie nach ihrem zeitlichen Umfang im Einzelnen dargestellt werden, und zwar ggf. – z.B. für Landwirte – sogar nach Jahreszeiten unterteilt. Dazu gehört zunächst eine zeitliche Aufgliederung der einzelnen Tätigkeiten. Darüber hinaus ist es erforderlich, die einzelnen Tätigkeiten mit ihren jeweiligen körperlichen Belastungen im Einzelnen zu beschreiben, um es dem gerichtlich zu beauftragenden Sachverständigen zu ermöglichen, konkret nachvollziehen zu können, welche Beschwerden aus bestimmten Tätigkeiten resultieren.
Beispiel Landwirt (siehe auch Beispielklage unter Rdn 517)
Tageszeit |
Art der Tätigkeit |
Art der Beschwerden |
06.00 – 07.00 Uhr |
Ferkel füttern mit Sackkarre von Hand. Die Karre muss in einen kegelförmigen Haufen Futter hineingestoßen werden. Füttern der Schweine und der Kühe. |
Diese Tätigkeit erfordert starkes Drücken mit den Schultern und führt regelmäßig zu erheblichen Schmerzen in den Schultern. Außerdem sind auch beim Hineinschieben der Karre die Knie regelmäßig so belastet, dass diese schmerzen. |
07.00 – 08.00 Uhr |
Melken der Kühe |
Dabei muss mit den Armen von der Sitzhocke aus wieder über Kopf gearbeitet werden, so dass die Schultern schmerzen. Außerdem müssen beim häufigen Anlegen, Abnehmen und Wiederanlegen der Zitzenbecher der Melkmaschine auch die Knie unter ständigen Schmerzen gebeugt werden. |
08.00 – 10.30 Uhr |
Traktorfahren |
Erhebliche Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule wegen der Notwendigkeit, beim Pflügen ständig nach hinten sehen zu müssen. |
etc. |
etc. |
etc. |
Beispiel Mitarbeitender Gastwirt
Tageszeit |
Art der Tätigkeit |
Art der Beschwerden |
09.00 – 10.30 Uhr |
Aufräumarbeiten |
Rückenschmerzen beim häufig notwendigen Rücken des schweren Mobiliars |
10.30 – 11.30 Uhr |
Schreibarbeiten |
|
11.30 – 11.45 Uhr |
Entgegennahme von Lieferantenwaren |
Rückenschmerzen beim Tragen von Getränkekisten |
11.45 – 12.45 Uhr |
Einkaufen von Lebensmitteln und weiteren Getränken |
Schulter- und Rückenschmerzen beim Tragen der bis zu 15 kg schweren Wein-, Wasser- und Bierkästen |
12.45 – 14.15 Uhr |
Vorbereiten/Zubereiten von Speisen in der Küche |
Rücken- und Nackenbeschwerden wegen des ständigen Vornüberbeugens |
14.15 – 18.00 Uhr |
Zubereiten von Speisen und Bedienung der Gäste |
Rücken- und Nackenbeschwerden wegen des häufigen Vornüberbeugens |
Rz. 48
Allerdings kann nicht immer ein gleichbleibender Tagesablauf nach Stunden vorgelegt werden, wenn etwa die Stellung des Betriebsinhabers den ständigen Wechsel der Tätigkeiten erfordert. In vielen Berufen lassen sich die einzelnen Teiltätigkeiten im Tagesablauf auch nicht für eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Zeitdauer festlegen.
Hinweis
Die Voraussetzungen für die Darlegung der Tätigkeiten können je nach Art des Berufs sehr unterschiedlich sein. In jedem Falle müssen die einzelnen Teiltätigkeiten in ihrer Zeitdauer in eine Relation zum Tagesablauf bzw. zu der Gesamtarbeitszeit gebracht werden.
Hier wird eine detaillierte Darstellung vorausgesetzt, wobei eine konkrete Arbeitsplatzbeschreibung notwendig ist, mit welcher die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
Die erforderliche zeitliche Gewichtung fällt dem Versicherungsnehmer ggf. leichter, wenn man sie zunächst in die zeitliche Relation zu den Jahresarbeitswochen bringt. Arbeitet ein Freiberuflicher 48 Wochen pro Jahr und teilt er auf entsprechende Frage mit, bezogen auf die Jahresarbeitswochen nehme diese Teiltätigkeit einen Umfang von acht Wochen ein, dann macht sie ein Sechstel seiner beruflichen Tätigkeit aus. Auf dieser Basis kann dann eine Umrechnung auch auf den Tagesablauf erfolgen. Bei einer regelmäßig neunstündigen Tagestätigkeit entfallen 1,5 Stunden auf diese Teiltätigkeit. Auf diesem Wege sollte eine zeitliche Einordnung aller Teiltätigkeiten des Arbeitstage...