Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 488
Das Erfordernis der Textform der Belehrung zu den Folgen der Anzeigepflichtverletzung aus § 19 Abs. 1 VVG dient der Rechtssicherheit. Gemäß § 19 Abs. 5 S. 1 VVG stehen dem Versicherer die Rechte auf Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassung nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
Rz. 489
Auch über die Folgen der Verletzung der Nachmeldepflicht (vgl. § 19 Abs. 5 VVG) muss der Versicherungsnehmer besonders in Textform belehrt werden, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer davon ausgeht, dass er seiner Pflicht gegenüber dem Versicherer nachgekommen ist, wenn er ihm vorgelegte Fragen zum Zeitpunkt seiner Antragstellung zutreffend beantwortet und er ohnehin im Rahmen der Antragstellung mit einer Vielzahl an Informationen konfrontiert wird.
Rz. 490
Nach § 126b BGB in der seit dem 13.7.2014 geltenden Fassung muss, falls das Gesetz Textform vorschreibt, "eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden". Ein dauerhafter Datenträger ist dabei "jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben."
Rz. 491
Zuvor sah das Gesetz für die Textform nach § 126 BGB a.F. vor, dass "die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben" werden musste. Umstritten ist (bzw. war) zu § 126 BGB a.F., auf welche Art und Weise genau die Fragen dem Versicherungsnehmer in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise gestellt werden mussten. Im Fokus stand dabei die Frage, ob und inwieweit ein Vorlesen mit einer erst anschließenden Zurverfügungstellung des Textes genügt.
Für nicht ausreichend wurde in der Rechtsprechung des BGH das Vorlegen eines von einem Versicherungsagenten ohne jede Rückfrage vorausgefüllten Formulars zur Unterzeichnung erachtet; es sollte aber genügen, wenn die Fragen zuvor ordnungsgemäß vorgelesen wurden. Ordnungsgemäß vorgelesen sind die Fragen durch den Agenten, wenn jede Frage vollständig vorgelesen und im Einzelnen ohne Zeitdruck mit dem Antragsteller besprochen wurde. Auch ein Text in einem vom Außendienst verwendeten Notebook genügt der Textform, selbst wenn dieser auch nur vorgelesen wird. Bei dem sogenannten Tele-Underwriting werden Gesundheitsfragen über das Telefon bei dem Antragssteller abgefragt und diesem infolgedessen ein Protokoll zwecks Gegenzeichnung übermittelt. Nach entgegengesetzter Ansicht sollte die bloße nachträgliche Kontrollmöglichkeit vor der Unterzeichnung ausreichend sein, unbeachtlich, wie die Fragen vorher aufgenommen wurden.
Teilweise wurde hingegen sogar die Möglichkeit des Mitlesens der Antragsfragen für nicht ausreichend erachtet und gefordert, dass die Fragen bereits bei Aufnahme der Gesundheitsfragen verkörpert vorliegen müssten. Diese Ansicht dürfte der Rechtslage nach Inkrafttreten des § 126b BGB (in der Fassung 2014) entsprechen und im Sinne richtlinienkonformer Auslegung auch für davor abgeschlossene Verträge zu bevorzugen sein.