Rz. 68
Das wohl im Zivilprozess am häufigsten genannte Beweismittel ist der Zeugenbeweis. Der Zeuge ist eine natürliche Person, die über Tatsachen und Zustände eigener Wahrnehmung berichten soll, vgl. § 414 ZPO. Hieraus folgt, dass ein Zeuge nicht für Schlussfolgerungen als Beweismittel in Betracht kommt, sondern tatsächlich nur für Dinge, die er gesehen, gehört oder in anderer Weise wahrgenommen hat.
Rz. 69
Als Zeugen benennen kann man nur Personen, die nicht Parteien des Zivilprozesses sind oder zwar formaliter nicht Partei sind, aber als Partei vernommen werden. So ist bspw. anerkannt, dass der Geschäftsführer einer GmbH, der gem. § 35 GmbHG das gesetzliche Vertretungsorgan der GmbH ist, in einem von der GmbH angestrengten oder in einem gegen die GmbH erhobenen Zivilprozess als Partei vernommen werden muss, so dass er hier nicht zulässigerweise als Zeuge benannt werden kann. Gelegentlich werden auch bestimmte Personen direkt mitverklagt, mehr oder minder nur mit dem Zweck, diese als Zeugen in dem Prozess auszuschließen. Ob dies im Einzelfall eine überzeugende Verfahrensweise ist, muss der Rechtsanwalt sich allerdings gut überlegen.
Rz. 70
Beweisantritt
Der Antritt des Zeugenbeweises erfolgt durch Benennung des Zeugen mit seinem vollen Namen und seiner ladungsfähigen Anschrift und unter Bezeichnung der Tatsachen, die er bezeugen soll. Dabei ist zu beachten, dass der Ausforschungsbeweis unzulässig ist, ein entsprechender Beweisantritt folglich unbeachtlich wäre. Ein Ausforschungsbeweis liegt immer dann vor, wenn überhaupt erst nach der Aussage des Zeugen womöglich eine bestimmte Behauptung zu einem bestimmten Punkt aufgestellt werden kann. Es ist also immer erforderlich, eine konkrete Behauptung aufzustellen und diese in das Wissen eines Zeugen zu stellen. Beachtet man diese Verfahrensweise nicht, läuft man Gefahr, dass das Gericht die Zeugenvernehmung wegen des Aspekts eines Ausforschungsbeweises nicht vornimmt und die eigene Partei hierdurch womöglich einen Nachteil erleidet, weil der eigene Vortrag nicht mehr schlüssig ist bzw. die vorgetragenen und in das Zeugnis einer Person gestellten Aspekte nicht mehr beachtet werden.
Rz. 71
Zeugnisverweigerungsrechte
Zeugen können Zeugnisverweigerungsrechte zustehen. Diese ergeben sich zum einen aus dem Verlöbnis, der Ehe, wobei auch die geschiedene Ehe ein Zeugnisverweigerungsrecht begründet, aus verwandtschaftlicher Beziehung oder aus der beruflichen Stellung als Geistlicher, Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater etc., § 383 ZPO. Beruft sich ein Zeuge berechtigt auf ein Zeugnisverweigerungsrecht, so entfällt er als Beweismittel, eine Vernehmung ist dann nicht möglich. Über die Frage, ob die Zeugnisverweigerung berechtigt erfolgt, entscheidet das Gericht in Zweifelsfällen im Zwischenverfahren gem. § 387 ZPO. Die Entscheidung ist ein Zwischenurteil, gegen das die sofortige Beschwerde zulässig ist, § 387 Abs. 3 ZPO.
Zeugen stehen im Übrigen eventuell Verweigerungsrechte im Hinblick auf die Beantwortung einzelner Fragen zu. Dies gilt namentlich dann, wenn der Zeuge durch die Beantwortung der Frage einem Verwandten der in § 383 Abs. 1 bis 3 ZPO bezeichneten Art einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Nachteil verschaffen würde, oder die Beantwortung den Zeugen oder einen der genannten Verwandten der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würde, § 384 ZPO.
Rz. 72
Vereidigung
Zeugen sind nach dem Gesetz zu vereidigen, wenn das Gericht dies nach der Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für geboten hält und die Parteien nicht auf die Vereidigung verzichten, es sei denn, dass die Vereidigung gesetzlich verboten ist, §§ 391 ff. ZPO. Sinn ist, dass wegen der Beteuerung durch den Eid die Aussage ein stärkeres Gewicht erhält und der möglicherweise lügende Zeuge durch die Verpflichtung, seine Aussage auch noch beeidigen zu müssen, doch noch zu einer wahrheitsgemäßen Aussage gebracht werden soll. Die Verpflichtung, den Eid abzulegen, ist dabei deswegen für den Zeugen eine "Last", die ihn womöglich zur besseren Einsicht führt, weil eine falsche eidliche Aussage ein Verbrechen ist, auf das Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr steht (§ 154 Abs. 1 StGB)! Die falsche eidliche Aussage hat also ein deutlich höheres Strafmaß als eine nur uneidliche Falschaussage, bei der die Mindeststrafe bei drei Monaten liegt (§ 153 StGB).
Rz. 73
Beweiserhebung
Die Beweisaufnahme erfolgt durch die gerichtliche Vernehmung des Zeugen – normalerweise in Anwesenheit der Parteien oder ihrer Prozessvertreter, die auch ein Fragerecht haben, § 397 ZPO. Die Anwesenheit der Parteien oder ihrer Anwälte ist jedoch nicht zwingend, die Vernehmung kann auch allein vor dem Gericht erfolgen.
Rz. 74
Beauftragter oder ersuchter Richter
Eine Besonderheit im Rahmen des Zeugenbeweises stellt die mit § 375 ZPO gegebene Möglichkeit des Kollegialgerichts dar, mit der Vernehmung einen seiner Richter zu beauftragen. Ebenso ist es möglich, Richter eines anderen Ger...