Rz. 45
Das Zivilprozessrecht unterliegt dem sog. Mündlichkeitsgrundsatz, wonach gerichtliche Entscheidungen, von Ausnahmen abgesehen, nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung vor dem zuständigen Gericht ergehen dürfen. Mithin muss nach Durchführung der Güteverhandlung oder, falls eine Güteverhandlung von vornherein erkennbar aussichtslos erscheint, unmittelbar vom Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumt werden. Im Regelfall soll sich die mündliche Verhandlung unmittelbar an den Termin der Güteverhandlung anschließen (§ 279 Abs. 1 S. 1 ZPO).
I. Ladung
1. Bedeutung der Ladung
Rz. 46
Man muss immer genau aufpassen, wer zu welchem Termin geladen ist. Regelmäßig werden zu allen Terminen die Prozessbevollmächtigten geladen. Häufig werden aber auch die Parteien persönlich geladen. Die Ladung stellt die gerichtliche Aufforderung dar, zu einem Termin zu erscheinen. Die Ladung muss dabei bestimmte, in der ZPO genau festgelegte Fristen berücksichtigen. Die Ladungsfristen betragen
▪ |
im Anwaltsprozess gem. § 217 ZPO mindestens eine Woche, falls zugleich die Einlassungsfrist zu beachten ist, zwei Wochen (vgl. § 274 Abs. 3 ZPO), |
▪ |
im Parteiprozess gem. § 217 ZPO mindestens drei Tage, |
▪ |
im Wechselverfahren gem. § 604 Abs. 2 ZPO 24 Stunden. |
Rz. 47
Zwar kann eine Partei auf eine Ladung hin eine Verlegung des Termins beantragen. Diesem Antrag, der begründet werden muss, soll das Gericht jedoch nur entsprechen, wenn erhebliche Gründe vorliegen. Damit soll einer Verfahrensverschleppung entgegengewirkt werden.
Rz. 48
Zumeist verlegen die Gerichte daher Gerichtstermine nicht. Sofern auch aus Sicht des Rechtsanwalts das Erscheinen der eigenen Partei in einem Verhandlungstermin erforderlich erscheint und die Partei diesen Termin nur mit großen Problemen wahrnehmen kann, bspw. weil bereits ein Urlaub seit langem gebucht war, sollte von dem Rechtsanwalt dem Gericht der "Hinderungsgrund" glaubhaft gemacht werden, beispielsweise durch Vorlage der Buchungsbestätigung, aus der auch das Datum ersichtlich ist, und inhaltlich erläutert werden, weswegen der Rechtsanwalt es für erforderlich erachtet, dass die Partei tatsächlich persönlich mit beim Termin erscheint. Gelegentlich sind die Gerichte dann bereit, Termine zu verschieben.
2. Büromäßige Behandlung
Rz. 49
Sofern eine Terminladung in der Rechtsanwaltskanzlei eingeht, muss der Termin in jedem Fall vorsorglich auch dem Mandanten mitgeteilt werden, und zwar auch dann, wenn dieser womöglich direkt persönlich selbst geladen wurde. Zu einem guten Mandatsservice gehört es heute, dem Mandanten in dem entsprechenden Begleitschreiben zu erläutern, ob es tatsächlich erforderlich ist, dass er persönlich zu dem Termin erscheint, auch wenn dies bereits in dem gerichtlichen Schreiben geschrieben steht. Weiter sollte die "Taktik" vorabgestimmt werden und hierzu mit dem Mandanten das Gespräch gesucht werden. Dies muss nicht notwendigerweise eine gesonderte Besprechung sein, kann notfalls auch erst kurz vor Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Sitzungssaal stattfinden. In jedem Fall gehört zu einer professionellen Sachbehandlung, dass man möglichst mit der eigenen Partei "vorabgestimmt" in die Gerichtsverhandlung geht.
II. Verhandlung im Termin
Rz. 50
Im Termin verhandeln die Parteien oder ihre Prozessvertreter mit den schriftsätzlich bereits angekündigten Anträgen, d.h. mit den Anträgen, die in der Klageschrift oder einem ihr nachfolgenden Schriftsatz der klagenden Partei enthalten sind, und dem Antrag aus der Klageerwiderung oder einem später durch den Beklagten schriftsätzlich dem Gericht mitgeteilten Antrag. Das "Verhandeln" erfolgt normalerweise durch eine Bezugnahme auf die Anträge in den gewechselten Schriftsätzen, so dass der Verhandlungstermin in vielen Fällen recht kurz und für einen mit der Sache nicht vertrauten Zuhörer nur schwer nachvollziehbar ist.
Rz. 51
Das Gericht führt in den Sach- und Streitstand ein, wirkt ggf. auf eine Anpassung der Anträge hin, wenn diese aus Sicht des Gerichts nicht richtig formuliert sind (§ 139 Abs. 1 ZPO) und gibt den Parteien dabei regelmäßig zu den entscheidungsrelevanten Aspekten die diesbezüglichen vorläufigen Überlegungen des Gerichts kund, so dass zumindest für die beteiligten Rechtsanwälte regelmäßig deutlich wird, welche streitrelevanten Aspekte das Gericht eher für die eine oder die andere Seite sieht und wie das Gericht im Einzelfall bei offenen Aspekten die Beweislastverteilung sieht, d.h. die Frage, welche Partei den Nachteil daraus ziehen würde, wenn der offene Aspekt nicht in der einen oder anderen Weise sicher nachgewiesen werden kann. Die Rechtsanwälte haben die Möglichkeit, zumindest kurz zu der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts Stellung zu nehmen, was regelmäßig zunächst von dem Rechtsanwalt getan wird, zum Nachteil dessen Partei eine vorgetragene "vorläufige" Rechtsauffassung des Gerichts führen könnte.
III. Termin zur Verkündung einer Entscheidung
Rz. 52
Die mündliche Verhandlung endet, wenn nicht ein Vergleich geschlossen wird, normalerweise damit, dass ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt wird. Dies kann entweder noch der gleiche Tag sein...