Rz. 131
Ist der Tatbestand trotz der weiten Einbeziehung der Entscheidungsgründe und der in Bezug genommenen Schriftsätze und Urkunden unrichtig, so muss der Bevollmächtigte erster Instanz oder der mit der Durchführung eines Berufungsverfahrens beauftragte Rechtsanwalt einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 320 ZPO stellen.
Rz. 132
Hinweis
Dies gilt nicht nur dann, wenn die eigene Partei beabsichtigt, eine Berufung einzulegen, sondern generell, da immer auch mit der Einlegung einer Berufung durch den Gegner gerechnet werden muss. Der Tatbestand muss dann die notwendigen tatsächlichen Feststellungen enthalten, um die Rechtsverteidigung auch in der Berufungsinstanz erfolgreich betreiben zu können, um eventuell erfolgreich von der Möglichkeit der Anschlussberufung Gebrauch machen oder aber auch mit einer Widerklage reagieren zu können. Wird gegen ein Urteil ein an sich statthaftes Rechtsmittel nicht eingelegt, entfällt allerdings für einen Tatbestandsberichtigungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis nach Ablauf der Rechtsmittelfristen, da in diesem Fall auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht mehr statthaft wäre.[119]
Rz. 133
Der Tatbestandsberichtigungsantrag muss nach § 320 Abs. 1 ZPO binnen einer Frist von zwei Wochen gestellt werden, die gem. § 320 Abs. 2 ZPO mit der Zustellung des Urteils beginnt, wobei der Antrag allerdings auch schon zuvor gestellt werden kann.
Rz. 134
Hinweis
Der Streithelfer muss beachten, dass die Frist nicht erst mit der Zustellung der Entscheidung an ihn, sondern bereits mit der Zustellung an die von ihm unterstützte Hauptpartei beginnt.[120]
Rz. 135
Spätestens ist der Antrag binnen drei Monaten nach Verkündung des Urteils zu stellen. Es handelt sich um eine gesetzliche Frist, die mangels anderweitiger Anordnung nach § 224 Abs. 2 ZPO nicht verlängerbar ist.
Rz. 136
Hinweis
Da es sich nicht um eine Notfrist handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO nicht möglich.[121] Wird allerdings das vollständig abgefasste Urteil den Parteien erst nach Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 320 Abs. 2 S. 3 ZPO zugestellt, so gebietet das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot des fairen Verfahrens nach Ansicht des KG Berlin,[122] über einen im Übrigen zulässigen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands in der Sache auch später zu entscheiden. Das Gebot des fairen Verfahrens verbiete insoweit ein widersprüchliches Verhalten des Gerichts; insbesondere dürfe es aus eigenen Versäumnissen keine Nachteile für die Verfahrensbeteiligten ableiten.[123] Dies ist aber nicht unumstritten.[124]
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