Rz. 99
Nach Eintritt des Erbfalls und bis zur Eigentumsumschreibung des Vermächtnisgrundstücks auf den Vermächtnisnehmer ist der Erbe bzw. sind die mehreren Erben rechtmäßige Eigentümer des Grundstücks, weil das Eigentum auf sie nach § 1922 BGB kraft Gesetzes übergegangen ist; solange der Erblasser noch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, ist das Grundbuch insoweit unrichtig.
Rz. 100
Die Übertragung des Grundstücks auf den Vermächtnisnehmer kann sich aus den verschiedensten Gründen verzögern, bspw. allein dadurch, dass die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung wegen der Grunderwerbsteuer auf sich warten lässt. Die Erben könnten in der Zwischenzeit an einen Dritten veräußern, sie sind rechtmäßige Eigentümer; auf einen etwaigen guten Glauben des Dritten käme es gar nicht an. Möglich wären aber auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Grundstück, die die Übertragung auf den Vermächtnisnehmer gefährden könnten.
Rz. 101
Und nicht zuletzt könnten die Erben wegen Überschuldung des Nachlasses – ob schon beim Erbfall eingetreten oder erst später, ist gleichgültig – eine Haftungsbeschränkung herbeiführen, die ebenfalls die Übertragung des Grundstücks auf den Vermächtnisnehmer gefährden würde.
Rz. 102
Gegen all dies kann die Eintragung einer Vormerkung sichern, § 883 BGB. Und nach Eintragung einer Vormerkung kann sich auch der Erbe nicht mehr auf die Beschränkung seiner Haftung berufen, § 884 BGB. Im Hinblick auf etwa drohende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das zu übertragende Grundstück ist auf eine frühzeitige Sicherung des Anspruchs mit guter Rangstelle der Vormerkung im Grundbuch zu achten; es könnte andernfalls der Ausfall des Vormerkungsgläubigers in einer etwaigen Zwangsversteigerung drohen. In letzter Zeit wurde zweifelhaft, ob eine Eigentumsübertragungsvormerkung rangfähig ist i.S.v. §§ 879 ff. BGB. Von der h.M. wird die Rangfähigkeit jedoch bejaht.
Der aus § 888 Abs. 1 BGB folgende Zustimmungsanspruch des Vormerkungsberechtigten gegen einen vormerkungswidrig Erwerbenden ist in entsprechender Anwendung von § 902 Abs. 1 S. 1 BGB unverjährbar. Ist allerdings der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der vormerkungswidrig Eingetragene im Grundsatz die dem Schuldner zustehende Einrede der Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben und die Zustimmung aus diesem Grund verweigern.
Allerdings ist streitig, ob § 884 BGB auch für solche Vormerkungen gilt, die erst nach dem Erbfall entstanden sind. Das neuere Schrifttum ist sich weitgehend darin einig, dass § 884 BGB dann angewandt werden muss, wenn eine Vormerkung zwar erst nach dem Erbfall, aber aufgrund einer Bewilligung des Erblassers eingetragen worden ist.
Wenn die Vormerkung für eine Nachlassverbindlichkeit erst vom Erben bewilligt worden ist, erübrigt sich nach h.M. die Heranziehung des § 884 BGB, weil dem Erben ohnehin schon aus einem anderen Grund die Berufung auf die Haftungsbeschränkung versagt ist. In der Vormerkungsbewilligung muss nämlich ein konkludenter Verzicht auf die Haftungsbeschränkung gesehen werden. Teilweise wird aber auch die Meinung vertreten, hier sei eine unmittelbare Anwendung von § 884 BGB angezeigt.
Rz. 103
Auch wenn der Erblasser im Testament nichts dazu gesagt hat, dass zugunsten des Vermächtnisnehmers eine Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen werden soll, geht das OLG Hamm davon aus, die Bewilligung einer Vormerkung sei eine gesetzliche Nebenpflicht und deshalb mit dem Vermächtnis eines Auflassungsanspruchs der Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung verbunden, solange sich aus dem Testament nichts anderes ergebe. Dies ist gerade im Hinblick auf die Vorschrift des § 884 BGB über die unbeschränkbare Haftung des Erben gegenüber dem Vormerkungsberechtigten von erheblicher praktischer Bedeutung.
Rz. 104
Die Eintragung erfolgt aufgrund einer Bewilligung des Vermächtnisbelasteten, i.d.R. des Erben, § 883 BGB, § 19 GBO. Zur Eintragung einer Vormerkung genügt, dass der Anspruch in der Bewilligung hinreichend bezeichnet wird. Eine Vorlage des schuldrechtlichen Vertrags kann das Grundbuchamt lediglich dann verlangen, wenn es sichere Kenntnis von Unwirksamkeitsgründen hat.
Wollte der Rechtsanwalt als Vertreter des Vermächtnisbelasteten die Eintragung der Vormerkung bewilligen, so bedürfte er der notariell beglaubigten Vollmacht, §§ 29, 30 GBO. Den Eintragungsantrag kann entweder der Vermächtnisbelastete oder der Vermächtnisnehmer stellen, § 13 GBO. Die Eintragung des Vermächtnisnehmers als Eigentümer soll nach der seit 28.12.2022 geltenden Neuregelung des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO nur erfolgen, wenn ein Notar den Antrag im Namen eines Antragsberechtigten eingereicht hat. Noch nicht geklärt ist, ob dies auch für die Eigentumsvormerkung gilt. Der den Antragsteller vertretende Rechtsanwalt bedarf für den Antrag lediglich schriftlicher Vollmacht, § 30 GBO. Einer Voreintragung des Vermächtnisbelasteten als Eigentümer im Grundbuch bedarf es nicht, § 40 GBO.