Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 223
An die Zustellung von einstweiligen Verfügungen sowie die Einhaltung der Vollziehungsfrist sind eigene Anforderungen zu stellen, § 929 Abs. 2 ZPO. Hier sind zur Einhaltung der Vollziehungsfrist weitere Wirksamkeitsanforderungen zu beachten (so z.B. bei Farbmarken/UWG, ggf. auch die Zustellung der einstweiligen Verfügung nebst Antrag und Anlagen in Farbe etc). Insofern ist auch jeweils gesondert zu prüfen, ob die Zustellung einer einstweiligen Verfügung via beA von Anwalt zu Anwalt als geeignetes Zustellungsinstrument infrage kommt.
Rz. 224
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Beschlussweg als beglaubigte Abschrift ausreichend, um die Vollziehungsfrist zu wahren, einer Zustellung einer Ausfertigung bedarf es nicht. Der BGH verweist in dieser Entscheidung auf § 317 Abs. 2 ZPO, der zum 1.7.2014 im Zuge des elektronischen Rechtsverkehrs geändert wurde. Danach werden Ausfertigungen nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Hieraus folgt, dass bereits mit der Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Lauf von Rechtsmittelfristen in Gang gesetzt wird und es einer Zustellung der Ausfertigung nicht mehr bedarf. Ausfertigungen in Papierform werden z.B. für die Zwangsvollstreckung jedoch weiterhin benötigt, sofern nicht die Ausnahmeregelung des § 829a oder § 754a ZPO greift. Urteile werden daher seit 1.7.2014 gem. § 317 Abs. 1 ZPO den Parteien lediglich noch in Abschrift zugestellt. Die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2010, dass für den Lauf der Rechtsmittelfrist die Zustellung einer Ausfertigung erforderlich ist, ist bereits seit Langem überholt, denn der BGH hält in ständiger Rechtsprechung seit der Gesetzesänderung die Zustellung einer beglaubigten Abschrift eines Urteils für ausreichend. Mit der Entscheidung des BGH vom 21.2.2019 ist klargestellt, dass die Zustellung einer beglaubigten Abschrift einer im Beschlussweg erwirkten einstweiligen Verfügung ebenfalls ausreichend ist.
Rz. 225
Ausreichend ist die Beglaubigung der Abschrift vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Für die Zustellung im Parteibetrieb (§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO, §§ 192, 172, 195, 193 u. 193a ZPO) ist die Beschlussverfügung zur Zustellung durch den Gerichtsvollzieher als vom Gericht beglaubigte Abschrift (§ 329 Abs. 1 S. 2, § 317 Abs. 2 S. 1, § 169 Abs. 2 S. 1 ZPO) an den Gerichtsvollzieher zu übergeben, sofern die Zustellung über den Gerichtsvollzieher erfolgt.
Rz. 226
Zur Heilung eines etwaigen Zustellungsmangels kommt § 189 ZPO zur Anwendung. Hinsichtlich des Umfangs der Beglaubigung (Erstreckungswirkung) ist zu beachten, dass deutlich werden muss, auf welche Dokumente/Seiten sich die Beglaubigung bezieht. Dabei ist nach Ansicht des BGH die Heilungsvorschrift des § 189 ZPO im Einklang mit der Zielsetzung des Gesetzgebers grundsätzlich weit auszulegen. Ungeklärt blieb in dieser Entscheidung des BGH aber noch die Frage, ob die Zustellung einer einfachen Abschrift ausreichend ist. Erfolgt die Übermittlung der einstweiligen Verfügung durch das Gericht als beglaubigte Abschrift (dann mit qualifizierter elektronischer Signatur des Urkundsbeamten), ist es grundsätzlich möglich, diese beglaubigte Abschrift (einschließlich Signatur/Signaturdatei) von Anwalt zu Anwalt via beA zuzustellen. In der Regel wird jedoch in der heutigen Zeit wohl immer noch sehr häufig eine einstweilige Verfügung in Papierform (als vom Gericht beglaubigte Abschrift bzw. Ausfertigung) der Kanzlei vorliegen. Wie eine beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung von einem Rechtsanwalt elektronisch beglaubigt werden kann, ist nach meiner Kenntnis bisher nicht gesetzlich normiert. Durch eine Beglaubigung soll die Übereinstimmung zwischen Urschrift und Abschrift hinreichend sichergestellt werden.
Rz. 227
§ 169 ZPO regelt die Bescheinigung des Zeitpunktes der Zustellung und Beglaubigung:
Zitat
§ 169 ZPO:
"(1) Die Geschäftsstelle bescheinigt auf Antrag den Zeitpunkt der Zustellung."
(2) 1Die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke wird von der Geschäftsstelle vorgenommen. 2Dies gilt auch, soweit von einem Anwalt eingereichte Schriftstücke nicht bereits von diesem beglaubigt wurden.
(3) 1Eine in Papierform zuzustellende Abschrift kann auch durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt werden. 2Anstelle der handschriftlichen Unterzeichnung ist die Abschrift mit dem Gerichtssiegel zu versehen. 3Dasselbe gilt, wenn eine Abschrift per Telekopie zugestellt wird.
(4) 1Ein Schriftstück oder ein elektronisches Dokument kann in beglaubigter elektronischer Abschrift zugestellt werden. 2Die Beglaubigung erfolgt mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
(5) Ein elektronisches Dokument kann ohne Beglaubigung elektronisch zugestellt werden, wenn es
1. |
nach § 130a oder § 130b Satz 1 mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Personen versehen ist, |
2. |
nach § 130a auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurde und mi... |