Entscheidungsstichwort (Thema)
Heilung des Zustellungsmangels bei Fax-Zustellung von Anwalt zu Anwalt
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Ausfertigung einer einstweiligen Verfügung zur Vollziehung per Telefax an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerseite übersandt, kann der Zustellungsmangel - sollte die Zustellung als fehlerhaft angesehen werden - durch Zugang des gleichen Telefaxes geheilt sein.
Normenkette
ZPO § 174 Abs. 2 S. 1, §§ 189, 195 Abs. 1 S. 5, § 929 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 31 O 79/19) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 04.06.2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 79/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung aufgrund nicht ordnungsgemäßer Vollziehung.
Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin nach teilweiser Antragsrücknahme und Zurückweisung des Antrags im Übrigen unter dem 01.02.2019 der Antragsgegnerin im Beschlusswege unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, in Deutschland parallel importierte Arzneimittel Ratiograstim 30 Mio. I.E./0,5 ml Injektions- oder Infusionslösung und/oder Ratiograstim 48 Mio. I.E./0,8 ml Injektions- oder Infusionslösung, jeweils in Packungen mit 5 Fertigspritzen, in eigenen, neuen Ausstattungen in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin haben den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin die Ausfertigung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts am 11.02.2019 samt Antragsschrift per Telefax zum Zwecke der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis übermittelt. Wegen der Einzelheiten der Faxkopie samt beigefügtem Schreiben wird auf Bl. 9 ff. d.A. verwiesen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht gewesen, die einstweilige Verfügung sei nicht innerhalb eines Monats seit Verkündung ordnungsgemäß vollzogen worden, weshalb sie wegen veränderter Umstände aufzuheben sei. Die Übermittlung einer Telefax-Kopie der Ausfertigung des Beschlusses mit Antrag genüge nicht den Formerfordernissen an eine ordnungsgemäße Vollziehung im Parteibetrieb. Es könne zwar ausnahmsweise eine Zustellung per Telefax genügen. Dies setze aber voraus, dass eine anwaltlich beglaubigte Kopie des Verfügungsbeschlusses zur Gewährleistung der Authentizität und Amtlichkeit per Telefax übermittelt werde. Daran fehle es hier. Eine Heilung komme aus diesen Gründen ebenso wenig in Betracht.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 01.02.2019 (31 O 17/19) aufzuheben und der Gläubigerin die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht gewesen, die Beschlussverfügung sei wirksam vollzogen worden, weil die Zustellung per Telefax erfolgen könne, die per Telefax übermittelte Ausfertigung (und nicht lediglich eine Abschrift) des Beschlusses vollständig und ohne Unrichtigkeiten sei und die Amtlichkeit und Authentizität gewährleiste.
Das Landgericht hat den auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag der Antragsgegnerin wegen veränderter Umstände nach § 927 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen. Die Vollziehungsfrist des gemäß § 936 ZPO auf einstweilige Verfügungen anwendbaren § 929 Abs. 2 ZPO sei gewahrt. Zwar sei die Zustellung von Anwalt zu Anwalt nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil bei Zustellung per Telefax eine Beglaubigung auf der ersten und letzten Seite der Antragsschrift - die Ausfertigung war nicht beglaubigt - nicht ausreichend sei. Die fehlerhafte Zustellung sei aber gemäß § 189 ZPO geheilt, weil nach Auffassung des Landgerichts die Parteizustellung einer einfachen Abschrift (Kopie) des vom Gericht ordnungsgemäß beglaubigten und dem Antragsteller zugestellten Titels an den Antragsgegner bzw. seinen Verfahrensbevollmächtigten hinreichend sei, wenn inhaltliche Mängel nicht vorliegen und der Zustellwille erkennbar sei. Dies hat das Landgericht im Einzelnen begründet.
Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die nicht ordnungsgemäße Zustellung durch die Übersendung der Kopie - somit dieselbe Handlung - geheilt worden sei. Dies sei widersinnig. Eine Heilung komme nur in Betracht, wenn eine weitere Handlung vorgenommen würde.
Eine Heilung komme auch nicht in Betracht, weil nur Mängel des Zustellvorgangs, nicht aber Mängel des zuzustellenden Dokuments geheilt werden könnten. Auch bei Zustellung einer einfachen Abschrift müsse diese beglaubigt sein, wie der Bundesgerichtshof entschieden habe. Bei einer nicht beglaubigten Abschrift sei die Authentizität und Amtlichkeit nicht gewahrt.
Es sei auch nicht zweifelhaft, dass die Zustellung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, was di...