Rz. 41

Die Bindung an die Bewertung des Strafgerichts hinsichtlich der fehlenden Eignung bezieht sich nach § 3 Abs. 4 S. 1 StVG nur auf das Entzugsverfahren. Im Verfahren auf Erteilung oder Wiedererteilung der FE tritt keine Bindungswirkung hinsichtlich der Eignung ein.[61] Diese Auffassung ist zutreffend, da die Ausgangskonstellation beim Entzug einer FE eine andere ist als bei der Erteilung/Wiedererteilung. Daher kommt für die Frage der Bindung an die Eignungsbeurteilung des Strafgerichts auch keine analoge Anwendung in Betracht. Vielmehr ist hier der Fahrerlaubnisbehörde die volle Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Fahreignung eröffnet (zur Bindung an die tatsächlichen Feststellungen siehe Rdn 42).

 

Rz. 42

Davon zu unterscheiden ist die Bindung an die Feststellungen des Strafgerichts. Hier ist § 3 Abs. 4 S. 1 StVG für das Erteilungsverfahren analog anzuwenden. Bei der Eignungsbeurteilung im Rahmen der Prüfung, ob Anspruch auf die Neuerteilung einer FE besteht, ist die Behörde an die Feststellungen einer strafrechtlichen Erkenntnis gebunden. Diese kann nur dann entfallen, wenn gewichtige Anhaltspunkte, insbesondere neue Tatsachen und Beweismittel als Wiederaufnahmegründe i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO, für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen. Allein der Umstand, dass ein Geständnis und das Ergebnis des Verfahrens auf einer Verständigung im Strafverfahren nach § 257c StPO beruhen, bedingt keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des strafrichterlich festgestellten Sachverhalts.[62]

Ist das Strafverfahren, in dem ein Entzug der FE in Betracht kommt, noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, steht der Grundsatz des § 3 Abs. 3 und 4 StVG auch einer Neuerteilung einer FE entgegen. Denn der Zweck, unterschiedliche Ergebnisse im Straf- wie im Verwaltungsverfahren zu vermeiden, besteht auch in dieser Konstellation.[63] Der Fahrerlaubnisbehörde steht daher ein hinreichender Grund zur Seite, einen Antrag auf (Neu-)Erteilung einer FE nicht zu verbescheiden.

[61] VGH BW, Urt. v. 27.7.2016, 10 S 77/15, juris Rn 33 ff. m.w.N., ausdrücklich a.A. BayVGH, Beschl. v. 10.6.2014, 11 C 14.218, SVR 2015, 109 m. Anm. Koehl.
[62] BayVGH, Beschl. v. 13.2.2015, 11 ZB 14.1452, NZV 2015, 566, juris Rn 10.
[63] BayVGH, Beschl. v. 10.6.2014, 11 C 14.218, SVR 2015, 109, juris Rn 15.

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