Rz. 15

Über das Vertretungsrecht gem. § 1874 Abs. 1 BGB n.F. hinaus wird der Betreuer nach § 1874 Abs. 2 BGB n.F. zu einer Notgeschäftsführung nach dem Tod verpflichtet. Sie bezieht sich nur auf seinen Aufgabenkreis. Anders als in § 1698b BGB, auf den § 1908i BGB a.F. über § 1893 BGB a.F. verwies, fehlt der Begriff der "Gefahr" und es wird auf "Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden," abgestellt, was bewusst geschah. Der Gefahrbegriff ließe das gefährdete Rechtsgut offen. Gemeint sind nun insbesondere fristgebundene Angelegenheiten, aber auch solche, bei deren Unterlassung dem Erben ein Nachteil drohen würde. Das könnten Anträge auf Beihilfe sein oder die Wohnungssicherung.[8] Im Einzelnen wird keine Änderung zur geltenden Rechtslage gewollt gewesen sein. Allerdings scheinen die Rechtsprechung und Kommentarliteratur zu diesem Thema bislang knapp zu sein, so dass eine Weiterentwicklung erfolgen wird.

 

Rz. 16

Problematisch erscheint, als Endzeitpunkt die Möglichkeit der Tätigkeit des Erben zu setzen. Zum einen werden gerade bei vielen Betreuten mit Berufsbetreuern die Erben zumindest zunächst unbekannt sein. Dann sollte eine Nachlasspflegschaft angeregt werden, die aber von den Nachlassgerichten bei vermögenslosen Nachlässen oft nicht eingerichtet wird, was nach hier vertretener Ansicht zumindest problematisch ist. Bis zum Auffinden der Erben oder der Einsetzung eines Nachlasspflegers kann eine längere Zeit vergehen. Ob eine derart ausgedehnte Notzuständigkeit des Betreuers gewollt und sinnvoll ist, erscheint fraglich. Noch mehr gilt das, wenn weder Erben gefunden noch ein Nachlasspfleger eingesetzt wird.

 

Rz. 17

Zum zweiten haben die Erben in vielerlei Hinsicht ohne einen Erbschein keine Möglichkeiten zum Handeln. Ob die Notgeschäftsführung des Betreuers aber bis zur Erbscheinserteilung anhalten soll, selbst wenn die Erben bekannt sind, erscheint fraglich. Wahrscheinlich wird die Möglichkeit zur Besorgung der Angelegenheiten durch die Erben weit zu sehen sein. Eine klarere Regelung wäre allerdings wünschenswert gewesen.

 

Rz. 18

Einige Betreuer versuchen noch zu Lebzeiten des Betreuten zumindest für die Beisetzung durch Verträge mit Bestattern und der Bestattungstreuhand vorzusorgen. An dieser grundsätzlich sinnvollen Praxis sollte sich durch die Reform nichts ändern. Da damit meist dem Wunsch des Betreuten entsprochen wird und der Betreuer diese noch ausdrücklicher festzustellen hat, § 1821 Abs. 1 S. 2 BGB n.F., sollte dies eher noch mehr zur Regel werden.

 

Rz. 19

Jedenfalls bei Betreuten, mit denen z.B. aufgrund einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung nicht mehr kommuniziert werden kann, sollten allerdings nahestehende Personen einbezogen werden. Deren Bedeutung ist durch § 1822 BGB n.F. moderat gestärkt worden. Nahe Angehörige erhalten regelmäßig das Totenfürsorgerecht. Dieses kann durch eine lebzeitige Bestimmung der Art und Weise der Bestattung durch den Betreuer indirekt beeinträchtigt werden. Zwar entsteht das Totenfürsorgerecht erst nach dem Tod des Betreuten. Es wird aber kaum im Sinne des Betreuten sein, dass dieses Recht durch den Betreuer ausgehöhlt wird, es sei denn, es beruht auf einem konkreten Wunsch des Betreuten. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine (unabänderbare) Regelung der Einzelheiten der Bestattung von einem Aufgabenkreis des Betreuers umfasst ist. Die finanzielle Absicherung einer dereinstigen Bestattung wird allerdings grundsätzlich dem (mutmaßlichen) Wunsch des Betreuten entsprechen und beeinträchtigt die späteren Totenfürsorgeberechtigten auch nicht. Dies kann auch zur Minderung des Vermögens mit Blick auf Freigrenzen anzeigt sein.

 

Hinweis

Vorsorgende, lebzeitige Regelungen des Betreuers sind weiter möglich und sogar grundsätzlich angezeigt, wie z.B. eine Bestattungsvorsorge.

[8] BReg, BT-Drucks 19/24445 (Gesetzentwurf), 311; vgl. zudem HK-BUR/Deinert, § 1874 BGB Rn 26 f.

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