Rz. 3
Aus dem elterlichen Sorgerecht im Innenverhältnis folgt gemäß § 1629 Abs. 1 BGB ein Gesamtvertretungsrecht beider Eltern nach außen. Übt ein Elternteil die elterliche Sorge etwa nach dem Tod des anderen Elternteils alleine aus, ist dieser der alleinige Vertreter (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB).
Rz. 4
Die elterliche Vertretungsmacht unterliegt Grenzen. So besteht ein Vertretungsverbot bei Geschäften mit möglicher Interessenkollision (§ 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 BGB bzw. § 1796 BGB), wobei bereits das Vertretungsverbot nur eines Elternteils zum vollständigen Ausschluss der elterlichen Vertretungsmacht, also auch des anderen Elternteils, führt. Über die in § 1795 BGB und § 1796 BGB hinausgehenden Konstellationen kommt ein Ausschluss der Vertretungsmacht nicht in Betracht.
Ein Verbot ergibt sich bei einem abstrakten Interessengegensatz in den Fällen des § 1795 Abs. 1 Nr. 1–3 BGB. Es kommt nicht darauf an, ob bei § 1795 BGB die Interessen des Kindes tatsächlich gefährdet sind. Auch nimmt das Gesetz ein Vertretungsverbot bei einem Insichgeschäft an (§§ 1795 Abs. 2, 181 BGB). Dabei ist zu bedenken, dass bei ausschließlicher Erfüllung einer Verbindlichkeit kein unzulässiges Insichgeschäft vorliegt (§ 181 Hs. 2 BGB). Auch ist § 181 BGB bei einem Rechtsgeschäft, welches dem Minderjährigen lediglich rechtliche Vorteile bringt, nicht anwendbar. Ebenfalls ist die Beantragung eines Erbscheins kein Rechtsgeschäft i.S.d. § 1795 BGB.
Rz. 5
Ein Vertretungsverbot besteht auch bei einem "erheblichen" Interessenkonflikt nach § 1796 Abs. 1 BGB, mithin bei einem fraglichen konkreten Interessengegensatz ("in erheblichem Gegensatz steht"). Ein solcher ist stets für einzelne Angelegenheiten bzw. einen Aufgabenkreis zu prüfen. Voraussetzung ist, dass das Interesse des Kindes in erheblichem Gegensatz zum Interesse des Elternteils als gesetzlichem Vertreter steht. Ein erheblicher Gegensatz ist gegeben, wenn das eine Interesse nur auf Kosten des anderen Interesses durchgesetzt werden kann und die Gefahr besteht, dass die sorgeberechtigten Eltern das Kindesinteresse nicht genügend berücksichtigen können. Ein solcher konkreter Interessengegensatz kann sich in vielfältigen Situationen nach dem Erbfall ergeben, so bei einer Erbengemeinschaft, in der sich Eltern gemeinsam mit einem minderjährigen Kind befinden, bei Vermächtnissen und bei Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs. Auch ist ein konkreter Interessengegensatz anzunehmen, wenn das minderjährige Enkelkind des Erblassers erbt und ein Elternteil, also ein Kind des Erblassers, seine Pflichtteilsansprüche durchsetzen möchte.
Rz. 6
Zuletzt kann sich ein Ausschluss der Vertretungsmacht über § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB (Bestellung eines Ergänzungspflegers) auch aus § 1666 BGB (Entziehung der Vertretungsmacht durch das Familiengericht) bei einer Gefährdung des Kindesvermögens ergeben, wenn die gegenwärtige Gefahr besteht, dass sich das Vermögen des Kindes vermindert oder durch den Ausfall von Erträgen nicht vermehrt und dies nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung durch entsprechende Maßnahmen hätte verhindert werden können.