Normenkette
BGB § 1629 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Sätze 1, 3, § 1796 Abs. 2, § 1909 Abs. 1 S. 1
Tenor
Auf die Beschwerden der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 21.09.2018 (Az. 5 F 2010/18) aufgehoben und der Beschluss vom 13.09.2018 (Az. 5 F 2010/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Vater wird die Vertretung des Kindes L... H..., geboren am ...2006, in der Nachlassangelegenheit nach dem am ...2017 verstorbenen W... K... entzogen. Dies betrifft insbesondere jedoch nicht ausschließlich die Vertretung im Erbscheinsverfahren und in Bezug auf die Regelung von Pflichtteilsansprüchen. Es wird festgestellt, dass die Mutter das Kind in Bezug auf die vorgenannte Nachlasssache allein vertritt.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Eltern je zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Eltern der am ...2006 nichtehelich geborenen L... H... . Es besteht gemeinsame elterliche Sorge aufgrund einer Sorgeerklärung vom 25.01.2007 (Jugendamt ..., UR-Nr. ...). Die Kindeseltern leben nicht mehr zusammen.
Am ...2017 verstarb der W... K... . Es handelt sich hierbei um den Großvater väterlicherseits des Kindes.
Der Erblasser hinterließ zwei Verfügungen von Todes wegen. Mit letztwilliger Verfügung vom 21.03.2008 hat er seine Enkeltochter L... H... zur Alleinerbin eingesetzt.
Mit Schriftsatz vom 29.01.2018 hat die Mutter beim Amtsgericht ... die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Tochter als Alleinerbin des Großvaters väterlicherseits ausweist. Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen ... (vormals ...) geführt.
Der Vater hat dem Erbscheinsantrag nicht zugestimmt und beim Nachlassgericht ... die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt. Es bestehe ein Interessenkonflikt; zudem habe er Zweifel an der Wirksamkeit der vorgelegten Testamente.
In der Folgezeit hat der Vater seinen Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers zurückgenommen.
Die Mutter hatte ihrerseits unter dem 19.03.2018 beim Amtsgericht Königs Wusterhausen auf Bestellung eines Ergänzungspflegers angetragen.
Mit Beschluss vom 13.09.2018 hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen - Rechtspflegerin - dem Vater die elterliche Sorge für das Kind L... H... bezüglich der Nachlassangelegenheit nach W... K..., verstorben am ...2017, entzogen und das Jugendamt ... zum Ergänzungspfleger bestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, es sei ein erheblicher Interessenkonflikt zwischen dem mitsorgeberechtigten Vater und dem minderjährigen Kind in der Nachlassangelegenheit gegeben, der den teilweisen Entzug der elterlichen Sorge rechtfertigte. Hinsichtlich der Kindesmutter wirke sich ein derartiger Ausschluss der Vertretungsmacht gleichfalls aufgrund des Grundsatzes der Gesamtvertretung aus.
Unter dem 21.09.2018 hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen den Beschluss vom 13.09.2018 dahingehend ergänzt, dass die Mutter ebenfalls von der Vertretung des minderjährigen Kindes bezüglich der Nachlassangelegenheit ausgeschlossen ist.
Gegen die vorbezeichneten Beschlüsse hat die Mutter mit Schriftsatz vom 20.09.2018 bzw. vom 08.10.2018 Beschwerde eingelegt. Die Entscheidungen seien unrichtig, weil ihrerseits kein Grund für eine Entziehung der Vertretungsmacht gegeben sei. Es bestehe kein Bedarf für die Bestellung eines Ergänzungspflegers.
In einem weiteren Beschwerdeverfahren 9 WF 235/18 streiten die Eltern über einen Antrag der Mutter vom 10.04.2018 auf Entzug der Vertretungsmacht des Vaters.
II. Die Beschwerden der Mutter sind gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässig. In der Sache führen die Rechtsmittel zur Aufhebung bzw. Abänderung der angefochtenen Beschlüsse.
Das Amtsgericht hat zu Unrecht für das minderjährige Kind eine Ergänzungspflegschaft hinsichtlich der Nachlassangelegenheit nach dem am ...2017 verstorbenen Großvater väterlicherseits angeordnet.
Nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an denen die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Die Eltern müssen an der Besorgung von einzelnen Angelegenheiten für das Kind tatsächlich oder rechtlich verhindert sein (MünchKomm/Schwab, BGB, 7. Aufl., § 1909 Rz. 11). Das ist hier nicht der Fall.
Nach § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB vertreten gemeinsam sorgeberechtigte Eltern das Kind gemeinschaftlich. Keine Vertretungsmacht der Eltern besteht nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB für Rechtsgeschäfte, bei denen ein Vormund gemäß § 1795 BGB von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Vater ist in der Nachlassangelegenheit nicht schon kraft Gesetzes von der gesetzlichen Vertretung seiner Tochter ausgeschlossen. Ein Ausschlussgrund gemäß §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 BGB ist nicht gegeben. Die Beantragung eines Erbscheins ist kein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Das Erbscheinsverfahren ist auch kein ...