Rz. 191
Das OLG München hatte im Fall der von einem Miterben für sich und die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft erklärten Auflassung im Grundbuchverfahren einen Nachweis mittels öffentlicher Urkunden dafür verlangt, dass die Verfügung eine Maßnahme ordnungsmäßiger Mehrheitsverwaltung darstellt, wenn die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen der im Grundbuch als Mitglieder der Erbengemeinschaft eingetragenen Personen nicht in grundbuchmäßiger Form beigebracht werden.
Das Gericht vertrat die Auffassung, für eine Eintragung der Auflassung fehle es am notwendigen Nachweis dafür, dass der Miterbe die Auflassung mit rechtlicher Wirkung für alle eingetragenen Miterben erklärt hat. Der notarielle Übergabevertrag und die übrigen Unterlagen erbrächten nicht den im Grundbuchverfahren in der Form des § 29 GBO zu führenden Beweis dafür, dass der Miterbe berechtigt sei, mit Bindung für die Mitglieder der Erbengemeinschaft die Auflassung des Grundstücks zu erklären. Zwar bestätigte das Gericht in seiner Entscheidung, dass auch Verfügungen über Nachlassgegenstände Verwaltungsmaßnahmen im Sinne von § 2038 BGB sein können. Allerdings fehle der Nachweis, dass der Miterbe im Rahmen ordnungsmäßiger Mehrheitsverwaltung nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB handelte.
Im Antragsverfahren habe das Grundbuchamt von sich aus keine Ermittlungsbefugnisse und keine Möglichkeiten der Beweiserhebung. Beibringungspflichtig sei der Antragsteller. Alle zur Eintragung erforderlichen Erklärungen seien nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO durch öffentliche Urkunden oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Mit den vorgelegten Urkunden sei weder ein (wirksamer) Beschluss zur Mehrheitsverwaltung noch die Ordnungsgemäßheit der von den Beteiligten als Verwaltungsmaßnahme gewerteten Verfügung nachgewiesen.
In der notariellen Übertragungsurkunde sei zwar die Erklärungen des Miterben in Bezug auf Beschlussfassung(en) und tatsächliche Umstände beurkundet sowie die von den Miterben vorgenommene rechtliche Bewertung wiedergeben. Dies erbringe jedoch nicht den notwendigen Urkundsbeweis dafür, dass wirksame Beschlüsse des behaupteten Inhalts gefasst wurden, die behaupteten Umstände den Tatsachen entsprechen und ihre rechtliche Würdigung erschöpfend und zutreffend ist.
Weil es sich insoweit um berichtende Erklärungen über außerhalb der Urkundsverhandlung liegende Umstände handele, sei die notarielle Urkunde insoweit nicht als bewirkende, sondern als bezeugende Urkunde zu qualifizieren. Sie erbringe Beweis dafür, dass die in ihr genannte Person die beurkundeten Erklärungen abgegeben habe, nicht aber dafür, dass der Erklärungsinhalt mit der Wirklichkeit übereinstimme und die Tatsachen, über die berichtet wird, so vorliegen. Sie beweise erst recht nicht, dass die darin wiedergegebenen Rechtsmeinungen zutreffend seien. Daran ändere sich auch nichts durch die Beifügung privatschriftlicher Unterlagen über die behaupteten Beschlüsse als Anlagen zur Notarurkunde.
Die Erklärungen und Beschlussfassungen in den behaupteten Gesellschafterversammlungen sowie deren Abhaltung selbst sind mit der Erklärung des Miterben nicht beurkundet. Die privatschriftlich verfassten Niederschriften über Gesellschafterversammlungen einer GbR mit der Bezeichnung "Erben nach G. R.", deren Existenz rechtlichen Zweifeln begegnet, genüge nicht den Formanforderungen des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, auch wenn sie als notariell beglaubigte Abschriften zur Urkunde genommen wurden.
Schon weil ihnen der erhöhte Beweiswert notarieller Urkunden nicht innewohne, könnten sie im Grundbuchverfahren den erforderlichen Nachweis für die angeblich gefassten Beschlüsse nicht erbringen. Auf den Inhalt und dessen Nachweiseignung komme es deshalb im Grundbuchverfahren nicht an.
Da somit schon das Bestehen eines Mehrheitsbeschlusses nicht bewiesen ist, kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Verfügung um die dingliche Umsetzung eines solchen handele.
Auch sonst sei nicht nachgewiesen, dass die Übertragung eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung sei. Auf der Grundlage der vorgelegten Urkunden könne nicht beurteilt werden ebenso wenig wie die Frage, ob die Übertragung einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung entspräche.
Über den Umstand, dass die Wirksamkeit der vom Miterben erklärten Auflassung für alle Mitglieder der Erbengemeinschaft von Umständen abhängt, deren Vorliegen nicht in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO erwiesen ist, hilft auch ein Rückgriff auf allgemeine Erfahrungssätze nicht hinweg. Eine rechtliche Bewertung der Verfügung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung bedürfe einer detaillierten Kenntnis der gesicherten Tatsachenbasis, die aber angesichts der Beweismittelbeschränkung im Grundbuchverfahren nicht erreicht werden könne. Mit allgemeinen Erfahrungssätzen könne dieses Defizit nicht überbrückt werden.