Rz. 188
Derzeit ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, wie die mit Stimmenmehrheit der Erben beschlossenen Veräußerungen von Immobilien umzusetzen sind, wie insbesondere Grundbucheintragungen mit Blick auf das Formerfordernis des § 29 GBO aufgrund einer mehrheitlich getroffenen Verfügung erreicht werden können. Die Rechtsprechung der Obergerichte ist hier vielfältig und auch in der Literatur werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert.
(1) OLG Koblenz
Rz. 189
Das OLG Koblenz sah die Erklärung der Auflassung durch alle Miterben als erforderlich an und verurteilte mit der bereits unter Rdn 187 zitierten Entscheidung einen Minderheitserben zur Genehmigung einer Auflassungserklärung.
Die Mehrheit der Erben hatte zuvor den Verkauf eines Grundstücks sowie die Auflassung notariell beurkunden lassen. Der Minderheitserbe wurde dabei vollmachtlos vertreten. Nach Auffassung des Gerichts hatte die Erbengemeinschaft gegen den Minderheitserben einen Anspruch auf Zustimmung zum Verkauf des Grundstücks. Die Grundstücksveräußerung könne gemäß § 2040 BGB nicht ohne Einverständnis des Minderheitserben vorgenommen werden. Der Anspruch auf Zustimmung zum Verkauf ergebe sich aus § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB, weil das streitige Grundstücksgeschäft im entschiedenen Fall eine Verwaltungsmaßnahme i.S.d. Vorschrift sei, die aufgrund einer mehrheitlichen Entscheidung durchgeführt werden soll, wie die unmittelbare Beteiligung von drei Miterben am notariellen Vertragsschluss und dessen Genehmigung durch zwei Miterben zeige.
(2) OLG Hamm
Rz. 190
Das OLG Hamm hatte entschieden, dass zur Löschung einer Grundschuld grundbuchverfahrensrechtlich die Zustimmungserklärung jedes einzelnen Miterben in der Form des § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen sei. Eine in privatschriftlicher Form vorliegende Erklärung der Mehrheit der Erben reiche in formeller Hinsicht nicht aus. Das Gericht berief sich darauf, dass auch der BGH in seiner neueren Rechtsprechung die Wirksamkeit einer Verfügung einer Mehrheit vom Vorliegen einer Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 20238 Abs. 1 BGB abhängig mache. Im Grundbuchverfahren finde eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse jedoch nicht statt. Die materiellrechtliche Befugnis einer Mehrheit von Miterben befreie daher nicht von den grundbuchverfahrensrechtlichen Nachweiserfordernissen.
(3) OLG München
Rz. 191
Das OLG München hatte im Fall der von einem Miterben für sich und die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft erklärten Auflassung im Grundbuchverfahren einen Nachweis mittels öffentlicher Urkunden dafür verlangt, dass die Verfügung eine Maßnahme ordnungsmäßiger Mehrheitsverwaltung darstellt, wenn die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen der im Grundbuch als Mitglieder der Erbengemeinschaft eingetragenen Personen nicht in grundbuchmäßiger Form beigebracht werden.
Das Gericht vertrat die Auffassung, für eine Eintragung der Auflassung fehle es am notwendigen Nachweis dafür, dass der Miterbe die Auflassung mit rechtlicher Wirkung für alle eingetragenen Miterben erklärt hat. Der notarielle Übergabevertrag und die übrigen Unterlagen erbrächten nicht den im Grundbuchverfahren in der Form des § 29 GBO zu führenden Beweis dafür, dass der Miterbe berechtigt sei, mit Bindung für die Mitglieder der Erbengemeinschaft die Auflassung des Grundstücks zu erklären. Zwar bestätigte das Gericht in seiner Entscheidung, dass auch Verfügungen über Nachlassgegenstände Verwaltungsmaßnahmen im Sinne von § 2038 BGB sein können. Allerdings fehle der Nachweis, dass der Miterbe im Rahmen ordnungsmäßiger Mehrheitsverwaltung nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB handelte.
Im Antragsverfahren habe das Grundbuchamt von sich aus keine Ermittlungsbefugnisse und keine Möglichkeiten der Beweiserhebung. Beibringungspflichtig sei der Antragsteller. Alle zur Eintragung erforderlichen Erklärungen seien nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO durch öffentliche Urkunden oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Mit den vorgelegten Urkunden sei weder ein (wirksamer) Beschluss zur Mehrheitsverwaltung noch die Ordnungsgemäßheit der von den Beteiligten als Verwaltungsmaßnahme gewerteten Verfügung nachgewiesen.
In der notariellen Übertragungsurkunde sei zwar die Erklärungen des Miterben in Bezug auf Beschlussfassung(en) und tatsächliche Umstände beurkundet sowie die von den Miterben vorgenommene rechtliche Bewertung wiedergeben. Dies erbringe jedoch nicht den notwendigen Urkundsbeweis dafür, dass wirksame Beschlüsse des behaupteten Inhalts gefasst wurden, die behaupteten Umstände den Tatsachen entsprechen und ihre rechtliche Würdigung erschöpfend und zutreffend ist.
Weil es sich insoweit um berichtende Erklärungen über außerhalb der Urkundsverhandlung liegende Umstände handele, sei die notarielle Urkunde insoweit nicht als bewirkende, sondern als bezeugende Urkunde zu qualifizieren. Sie erbringe Beweis dafür, dass die in ihr genannte Per...