Rz. 59
In den Ländern Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gilt die Höfeordnung. Außerdem gibt es gesetzliche Regelungen zum Landwirtschaftserbrecht in Form von Anerbenrechten, Landgütergesetz oder Höfegesetzen in den Ländern Baden-Württemberg, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz, ähnlich den höferechtlichen Vorschriften. In Hessen ist nur ein Übernahmerecht geregelt (§ 11 Abs. 1 HessLGO). In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz besteht die gesetzliche Hofvorerbschaft des Ehegatten (§ 7a Abs. 3 BadHofgüterG, Art. 8a Abs. 3 WürttAnerbenG, § 16 Abs. 2 HO-Rhpf).
Rz. 60
Anders als die allgemeinen Vorschriften des BGB und des Grundstücksverkehrsgesetzes sieht die Höfeordnung eine gesetzliche Sondererbfolge vor, wenn sich im Nachlass ein Hof befindet. Sie hat Einfluss auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und das ihr zufallende Nachlassvermögen. Es findet eine Nachlassspaltung in Hofesvermögen und hoffreies Vermögen statt.
I. Voraussetzungen für die Anwendung der Höfeordnung
Rz. 61
Die Höfeordnung findet ausschließlich Anwendung auf "Höfe" im Sinne des Gesetzes. Ein Hof ist nach § 1 Abs. 1 HöfeO "eine im Gebiet der Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein belegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört, sofern sie einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000 EUR hat. (…) Eine Besitzung, die einen Wirtschaftswert von weniger als 10.000 EUR, mindestens jedoch von 5.000 EUR hat, wird Hof, wenn der Eigentümer erklärt, dass sie Hof sein soll, und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird." Die HöfeO gilt gemäß § 12 Abs. 10 HöfeO außerdem für die Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs im Todesfall bei Tod des Hofeigentümers. Eine ähnliche gesetzliche Regelung gibt es für Rheinland-Pfalz. Für das Land Brandenburg, aber auch für Sachsen-Anhalt wird die Einführung der Höfeordnung erwogen, um Übernehmern landwirtschaftlicher Betriebe auch in Ansehung der gestiegenen Bodenpreise die Weiterführung der Betriebe im Erbfall zu erleichtern.
Rz. 62
Nach § 1 Abs. 3 HöfeO verliert der Hof die Hofeigenschaft bei Wegfall der oben genannten Voraussetzungen. Die Hofeigenschaft entfällt jedoch erst bei Löschung des Hofvermerks, sofern lediglich der Wirtschaftswert unter 5.000 EUR sinkt oder keine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle mehr besteht. Ob die Hofeigenschaft bereits ohne Löschung des Hofvermerks entfällt, weil keine zur Bewirtschaftung geeignete landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist, bleibt der Einzelfallentscheidung der Gerichte vorbehalten. Das OLG Hamm hat hierzu ausgeführt:
Zitat
"Die Hofeigenschaft gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 i.V.m § 1 Abs. 1 HöfeO entfällt unabhängig von der Löschung des Hofvermerks, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist. Eine landwirtschaftliche Besitzung setzt über den bloßen Besitz einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke eine wirtschaftliche Betriebseinheit voraus, bei der die landwirtschaftlichen Grundstücke nebst Hofstelle durch die organisierende Tätigkeit eines Betriebsleiters zusammengefasst sind und zu der in der Regel auch eine Hofstelle hinzukommen muss."
Rz. 63
Die HöfeO kommt auch nicht zur Anwendung, wenn der Hofvermerk im Grundbuch gelöscht wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen, dass es sich um einen Hof handeln könnte, reicht allein für die höferechtliche Privilegierung nicht aus. Die Anwendung der Höfeordnung ist nicht zwingend, sondern wird vielmehr vom Erblasser durch die Hoferklärung bestimmt.
1. Land- und forstwirtschaftliche Besitzung
Rz. 64
Die Höfeordnung umfasst Betriebe zur Bodenbewirtschaftung und die mit ihr verbundene Tierhaltung, einschließlich der Pferdezucht, soweit sie der Gewinnung tierischer und pflanzlicher Erzeugnisse dienen. Damit sind insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der Gartenbau, der Obst- und Weinbau erfasst, wobei die Bodennutzung jeweils die wesentliche und nicht nur untergeordnete Wirtschaftsgrundlage sein muss. Diese allgemein für die Bestimmung des Begriffs der Landwirtschaft in § 1 HöfeO anerkannte Definition entspricht derjenigen in § 1 Abs. 2 GrdstVG.
Rz. 65
Unter den Begriff fallen auch Gartenbaubetriebe, und zwar nach der Rechtsprechung des BGH nunmehr auch solche, bei denen der Anbau von Blumen überwiegend in Gewächshäusern und Behältern erfolgt.
Rz. 66
Auch Fischereibetriebe können § 1 Abs. 1 HöfeO unterliegen, sofern die Bodennutzung in Form von Teichwirtschaft im Vordergrund steht, der Fischbesatz also im Wesentlichen aus dem Gewässergrundstück ernährt wird.
Rz. 67
Ob die Bienenzucht und Imkerei trotz Ermangelung einer Bodennutzung als Landwirtschaft i.S.d. Höfeordnung anzusehen ist, bleibt streitig.
Rz. 68
Ausgenommen sind in ...