Rz. 47
Befindet sich im Nachlass der Erbengemeinschaft ein Zugewinnausgleichsanspruch bzw. eine Zugewinnausgleichsforderung, die konkret geltend gemacht werden, weil das Scheidungsverfahren entweder zu Lebzeiten eigeleitet wurde oder ausnahmsweise der Zugewinnanspruch konkret und nicht über § 1371 BGB ausgeglichen wird, sind abweichende Besonderheiten zu beachten.
§ 1376 Abs. 4 BGB privilegiert, mit Verweis auf § 2049 BGB, das Landgut auch beim Zugewinnausgleich. Es müssen aber weitere Voraussetzungen hinzukommen. Das Landgut muss sich im Anfangs- und im Endvermögen befinden. Es kann also entweder bereits bei Eintritt in den Güterstand (§ 1374 Abs. 1, § 1376 Abs. 1 BGB) im Vermögen vorhanden sein oder später nach § 1374 Abs. 2 BGB geschenkt, ererbt, als Ausstattung erworben sein. Das Landgut muss außerdem durch den Ehegatten oder Abkömmlinge weitergeführt oder wieder aufgenommen werden. Es muss sich im Vermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten befinden. Dann kommt es zu einer Privilegierung unter Zugrundelegung des Ertragswertes, wobei der Ertragswert nur anzuwenden ist, wenn er niedriger als der Verkehrswert ist. Der Verkehrswert stellt dann nicht die unterste Grenze der Bewertung dar. Sind der Verkehrswert oder der Liquidationswert niedriger, ist die Ertragswertbewertung unter Zugrundelegung des Reinertrags und der landesspezifischen Multiplikatoren keine Privilegierung und mithin unanwendbar. Ebenfalls wird der Ertragswert nicht angewendet, wenn der Landguteigentümer der Ausgleichsberechtigte ist, denn ihm soll hierdurch kein höherer Zugewinn zustehen. Es sollen vielmehr nur unzumutbare Betriebszerschlagungen/-verkleinerungen vermieden werden.
Weiterhin ist zu beachten, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH die betrieblichen Verbindlichkeiten nicht mehr in voller Höhe nach der Bewertung des Betriebes mit dem Ertragswert als Passivposition berücksichtigt werden können. Die Entscheidung ist folgerichtig, denn wird die Substanzmehrung, der die Schulden zugrunde liegen nicht beachtet und eine Privilegierung zum Verkehrswert vorgenommen, kann es auch die Schuldensubstanz nicht. Vielmehr sind nur die Zinsen in Abzug zu bringen. Etwas anderes gilt, wenn der Verkehrswert zum Ansatz kommt. Ist der Verkehrswert abzüglich Schulden der niedrigere Wert, ist er anzuwenden. Erweiterungserwerbe, die regelmäßig zum Verkehrswert erfolgen, sind nur ausnahmsweise, wenn sie zur Erhaltung des Betriebes unbedingt notwendig sind, in die Privilegierung einzubeziehen.
Die Voraussetzungen für die Privilegierung des Zugewinns sind im Ergebnis umfangreicher, als im Erbfall. Hinsichtlich des Schuldenabzugs dürfte allerdings eine Gleichbehandlung angezeigt sein.