A. Grundlagen
Rz. 1
Befindet sich im Nachlass ein landwirtschaftlicher Betrieb, hat dies nachhaltigen Einfluss auf die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Landwirtschaftliche Betriebe unterliegen sowohl im allgemeinen Erbrecht des BGB, als auch aufgrund von Landesrecht Sonderregelungen, die sie von sonstigem Nachlassvermögen unterscheiden.
Rz. 2
Aufgrund der Bedeutung landwirtschaftlicher Betriebe für die Volkswirtschaft besteht ein besonderes Interesse der Allgemeinheit an ihrer Erhaltung. Die Entstehung einer Erbengemeinschaft, die auf die Auseinandersetzung und Aufteilung des Nachlasses gerichtet ist, wird diesem allgemeinen Interesse nicht gerecht. Vielmehr kann der Bestand von Betrieben in ihrer ursprünglichen und für ihre Wirtschaftlichkeit oft unentbehrlichen Größe erheblich gefährdet werden, würden sie ausschließlich nach den allgemeinen Regeln auseinandergesetzt. Der Gesetzgeber hat daher agrarpolitisch geprägte Sonderregelungen geschaffen, die Rechte von Miterben einschränken und vermeiden sollen, dass Betriebe aufgesplittert werden. Es soll verhindert werden, dass der den landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftende bzw. übernehmende Erbe bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft sowie beim Ausgleich von Pflichtteilsansprüchen gezwungen ist, Teile des Betriebes, insbesondere einzelne landwirtschaftliche Flächen zu veräußern bzw. bei der Verteilung des Nachlasses abzugeben oder mit hohen Zahlungsverpflichtungen belastet wird, die eine Betriebsfortführung unwirtschaftlich machen.
Rz. 3
Zur Erreichung dieses Zwecks hat der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch Vergünstigungen bei der Bewertung eines Landguts sowohl im Erbrecht (§§ 2049, 2312 BGB) wie auch im Familienrecht, dort bei der Wertermittlung des Zugewinns (§ 1376 Abs. 4 BGB) und der Ermittlung des Wertersatzes beim Übernahmerecht in der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 1515 Abs. 2 BGB), jeweils mit Verweis auf § 2049 BGB vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die privilegierte Bewertung wurden durch das Bundesverfassungsgericht lediglich in einer Entscheidung zur Bewertung beim Zugewinnausgleich aufgegriffen und eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass es sich um einen leistungsfähigen Betrieb handeln soll.
Rz. 4
Neben Sonderregelungen für die Bewertung eines Landguts im Erbrecht des BGB wird die Nachfolge in einen "Hof" durch spezialgesetzliche Vorschriften in einzelnen Bundesländern geregelt, die die allgemeinen Vorschriften des BGB überlagern und im Anwendungsbereich der Höfeordnung einschließlich der Testierfreiheit einschränken. Die mit der Privilegierung von Hoferben einhergehende Ungleichbehandlung, die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellen könnte, rechtfertigte das Bundesverfassungsgericht auch hier mit dem öffentlichen Interesse, leistungsfähige, die Volksernährung sicherstellende Betriebe zu erhalten. Umfassende Reformüberlegungen wurden auf dem 68. Deutschen Juristentag letztlich ohne konkretes Ergebnis diskutiert. In Bayern, dem Saarland und den neuen Bundesländern fehlen spezialgesetzliche Regelungen, sodass der Rechtsübergang ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 2049, 2312 BGB und den §§ 13 ff. GrdstVG vollzogen wird.
B. Landguterbrecht des BGB
Rz. 5
Wird ein Landgut außerhalb der Geltung landesgesetzlicher Sonderregelungen, wie der Höfeordnung, vererbt, finden die subsidiären Vorschriften des § 2049 BGB für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, ergänzt durch § 2312 BGB für die Bewertung des Pflichtteilsanspruchs Anwendung. Beide Vorschriften greifen frühere Regelungen zu Anerbenrechten auf und übernehmen das dort zur Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes angewandte Instrument der Kürzung des Miterbenanteils. Sie verfolgen die Zielrichtung, die übermäßige, den Ertrag des Betriebes übersteigende finanzielle Belastung desjenigen zu verhindern, der als Erbe den Betrieb fortführt.
Rz. 6
§ 2049 Abs. 1 BGB enthält eine Auslegungsregel. Danach ist die Anordnung des Erblassers, dass ein Miterbe das Recht haben soll, ein Landgut zu übernehmen, im Zweifel zugleich dahingehend zu verstehen, dass das Gut bei Übernahme mit dem Ertragswert auf den Erbteil anzurechnen ist. Dieser Fall tritt also nur dann ein, wenn kein anderer Wille des Erblassers in der letztwilligen Verfügung oder aus sonstigen Umständen feststellbar ist. Der Erblasser kann mithin von dieser Regel abweichen. Andernfalls greift die Auslegungsregel, und die Bewertung des Landguts für die Berechnung von Ausgleichsansprüchen erfolgt nicht unter Zugrundelegung des Verkehrswertes, sondern es wird lediglich der, in der Regel niedrigere, Ertragswert angesetzt. Dabei handelt es sich um einen Ertragswert der bes...