A. Auswirkungen auf den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

 

Rz. 1

Die Aufnahme einer neuen Partnerschaft, aus der ein Kind hervorgegangen ist, kann Auswirkungen auf das Unterhaltsrechtsverhältnis mit dem geschiedenen Ehegatten haben.

I. Neue Partnerschaft der Unterhaltsberechtigten

 

Rz. 2

Nimmt die Unterhaltsberechtigte eine neue Partnerschaft auf, in der gemeinsame Kinder geboren werden, so wird dies wegen der sich damit zeigenden Verfestigung i.d.R. zum Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs führen (§ 1579 BGB; siehe § 14 Rdn 268).

 

Rz. 3

 

Praxistipp:

Die Betreuung eines Kindes, das nicht vom Ehemann abstammt, schützt nicht vor der Erwerbsobliegenheit.
Zu prüfen ist auch, ob der Berechtigten ein (fiktives) Einkommen wegen Betreuungsleistungen für den Partner angerechnet werden kann.
Auch kann wegen des Zusammenlebens u.U. eine Haushaltsersparnis auch auf Seiten des berechtigten Beteiligten im Rahmen der Bedürftigkeit Berücksichtigung finden.[1]
[1] OLG Brandenburg v. 10.11.2015 – 10 UF 210/14, FuR 2016, 302, ebenso OLG Stuttgart v. 4.12.2014 – 16 UF 196/14, juris.

II. Neue Partnerschaft des Unterhaltspflichtigen

 

Rz. 4

Nimmt der Unterhaltspflichtige eine neue Partnerschaft auf, aus der Kinder hervorgehen, so ergeben sich daraus nachteilige Auswirkungen für die unterhaltsberechtigte Ehefrau.[2]

 

Rz. 5

Der jetzt bestehende Unterhaltsanspruch des neu geborenen Kindes genießt gem. § 1609 Nr. 1 BGB Vorrang genießt vor dem Ehegattenunterhaltsanspruch der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehefrau und reduziert damit die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten.

 

Rz. 6

Zudem führt dies aufgrund des Anspruches der neuen Partnerin aus § 1615l BGB (siehe Rdn 8) – solange dieser besteht – zu einer weiteren Verschiebung der Unterhaltsansprüche zu Lasten der Unterhaltsberechtigten.

Entweder kann die getrennt lebende oder geschiedene Ehefrau lediglich den Unterhaltsrang des § 1609 Nr. 3 BGB beanspruchen, während die neue Partnerin mit ihrem Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB im besseren Rang des § 1609 Nr. 2 BGB steht. In diesem Fall ist bei normalen Einkommensverhältnissen des geschiedenen Ehemannes i.d.R. kein Geld mehr vorhanden, um den nachrangigen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zu erfüllen.
Kann die getrennt lebende oder geschiedene Ehefrau sich ebenfalls auf den Unterhaltsrang des § 1609 Nr. 2 BGB berufen, findet eine Aufteilung des nach Abzug des Kindesunterhaltes noch verfügbaren bereinigten Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten nach der sog. Dritteltheorie[3] statt.
 

Rz. 7

 

Praxistipp:

Lebt der Unterhaltspflichtige mit der neuen Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt, so kann dies Auswirkungen auf seinen unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt haben (Synergie); dies wirkt sich zugunsten der Unterhaltsberechtigten aus.

[2] Ausfühlich Viefhues, FuR 2020, 350, 355.

B. Unterhaltsberechtigungen der neuen Partnerin (§ 1615l BGB)

 

Rz. 8

Der Elternteil, der keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und ein außerhalb einer bestehenden Ehe geborenes Kind betreut, erhält gem. § 1615l BGB nach der Geburt des Kindes Betreuungsunterhalt, soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Diese Unterhaltspflicht besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich über den Mindestzeitraum hinaus, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.[4]

 

Rz. 9

Ist das Kind noch keine 3 Jahre alt, ist die Entscheidung der nichtehelichen Mutter, das Kind selbst zu betreuen und keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen, hinzunehmen.

 

Rz. 10

Zu beachten ist aber, dass bei § 1615l BGB für die Bemessung des Bedarfes die Lebensstellung der Mutter vor der Schwangerschaft maßgeblich ist,[5] während es beim nachehelichen Unterhalt gem. § 1578 BGB grundsätzlich auf die ehelichen Lebensverhältnisse ankommt und der Anspruch erst unter den Voraussetzungen des § 1574 BGB und des § 1578b BGB auf den vorehelichen Maßstab reduziert werden kann. Daher kann der Anspruch der nichtehelichen Mutter aus § 1615l BGB den vergleichbaren Anspruch einer ehelichen Mutter übersteigen.[6]

 

Rz. 11

Der BGH hat abgelehnt, auf das Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzustellen, wenn beide Eltern zuvor in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt haben.[7]

 

Rz. 12

Auch beim Anspruch aus § 1615l BGB müssen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen, also namentlich eine Aufforderung zur Auskunft oder eine Inverzugsetzung, denn § 1615l Abs. 3 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB.[8]

 

Rz. 13

 

Praxistipp:

Auch beim Anspruch aus § 1615l BGB müssen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen, also namentlich eine Aufforderung zur Auskunft oder eine Inverzugsetzung, denn § 1615l Abs. 3 BGB enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 1613 BGB.[9]
Der unterhaltsberechtigte Elternteil muss die tatbestandlichen Vorauss...

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