Rz. 280
Nach einem Schadenfall ist unverzüglich ein Arzt hinzuzuziehen und der VR zu unterrichten. Es besteht freie Arztwahl, ein Heilpraktiker reicht nicht. Zur Hinzuziehung eines Arztes zählt auch die Pflicht zur Fortführung der Heilbehandlung bis zu deren Abschluss. Ein Arztwechsel ist ohne Rechtsnachteil möglich. Maßstab für die Behandlung ist der objektive Stand der Wissenschaft. Dies gilt regelmäßig auch bei Krankenhausaufenthalten und Operationen.
Rz. 281
Die VP soll – in gewissen Grenzen – grundsätzlich die ärztlichen Anweisungen befolgen. Zu beachten sei etwa die Zumutbarkeit der Behandlungsmaßnahme, z.B. im Hinblick auf Therapieerfolg und -risiko, die wirtschaftliche Situation der VP und auch zeitliche Abläufe.
Die Obliegenheit der Befolgung von ärztlichen Anordnungen ist neben praktischen Beweisproblemen insgesamt fragwürdig, sie steht den Persönlichkeitsrechten der VP entgegen. Zwar gibt es z.B. im Seuchenrecht sinnvolle medizinische Verpflichtungen für den Einzelnen zum Schutz der Bevölkerungsmehrheit; davon kann aber im Rahmen der privaten Unfallversicherung regelmäßig nicht gesprochen werden. Es darf daher nicht bereits prinzipiell zum (Teil-)Verlust von Ansprüchen führen, wenn die VP die Anordnungen des Arztes nicht oder nicht vollumfänglich befolgt. Auch wird man eine Pflicht zu einer Operation schwerlich annehmen können. Eine Grenze wird man aber dort ziehen müssen, wo das Unterlassen der ärztlichen Ratschläge zu einer selbstständigen, weiteren oder weitergehenden Schädigung führt. Das kann dann angenommen werden, wenn selbst einfache und ungefährliche Heilmaßnahmen verhindert oder auf unbestimmte Zeit verschleppt werden.
Rz. 282
Die Unterrichtung des VR soll ihn in die Lage versetzen, die nach seiner Einschätzung erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen. Um dies zu ermöglichen, benötigt der VR umfassende Angaben zum Geschehen und dessen Folgen.
Rz. 283
Die Meldung an den VR, das Hinzuziehen eines Arztes und das Befolgen der ärztlichen Anordnungen hat nur dann unverzüglich zu erfolgen, wenn der Unfall voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführt. Die Meldung ist regelmäßig verspätet, wenn sie erst mehrere Monate nach dem Unfallereignis erfolgt. Durch die Verknüpfung an eine voraussichtliche Leistungspflicht soll die Meldung von Bagatellverletzungen vermieden werden. Schwierig sind Fälle, in denen man zunächst von einer harmlosen Verletzung ausgehen kann, sich dann später aber das volle Ausmaß der Unfallfolgen herausstellt. Der VN hat dies unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt zu beurteilen. Sobald erkennbar wird, dass es sich doch nicht nur um eine Bagatellverletzung handelt, ist der VR unverzüglich zu unterrichten.
Hinweis
Direkt zu melden sind entstandene Kosten bei Leistungsarten mit Schadencharakter (Ziff. 2.7 und 2.8 AUB). Spätestens mit Erhalt einer Rechnung sollte der VR informiert werden.