a) Grundsätzliches
Rz. 172
Der Ausschluss behält den Wortlaut der Vorgänger-AUB bei und führt in den AUB 2020/2014 Beispiele für ausgeschlossene psychische Reaktionen ein. Die sog. "Psycho-Klausel" soll nicht abschätzbare Risiken vom Versicherungsschutz ausnehmen. Die Ausschlussklausel nach Ziff. 5.2.6 AUB ist wirksam, da sie nicht unklar ist und auch einer Inhaltskontrolle standhält. Dies ändern die eingefügten Beispiele nicht. Sie berühren die Gesamtstruktur des Ausschlusses nicht, sondern benennen lediglich zwei unstreitig psychische Reaktionen; die Beispiele sind nicht abschließend. Der Ausschluss ist restriktiv auszulegen.
b) Ausgeschlossener Gesundheitsschaden
Rz. 173
Der Versicherungsschutz entfällt bei krankhaften Störungen infolge psychischer Reaktionen, selbst wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden. Ausgeschlossen werden damit alle Gesundheitsschäden, bei denen ein adäquater Kausalzusammenhang mit körperlichen Traumata nicht nachweisbar ist oder die krankhaften Störungen des Körpers allein mit ihrer psychogenen Natur (= rein seelisch bedingter Ursachenzusammenhang) erklärbar sind.
Rz. 174
Der Ausschluss greift nicht ein, wenn die psychische Reaktion auf organischen Schädigungen (z.B. Schädigungen des zentralen Nervensystems) beruht, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch die VP abhängt. Mitursächlichkeit einer psychischen Reaktion an den Unfallfolgen lässt den Versicherungsschutz nicht vollständig entfallen. Die Leistung ist dann im Verhältnis zwischen organisch und psychisch bedingten Schäden um den ermittelten Anteil der psychischen Folgen zu kürzen.
c) Unterschiede in den Bedingungsgenerationen
Rz. 175
Ziff. 5.2.6 AUB 08/99, § 2 IV AUB 94/88 sind inhaltsgleich.
§ 2 (3) b AUB 61 (Erkrankungen infolge psychischer Einwirkung) und § 10 (5) AUB 61 (Folgen psychischer und nervöser Störungen nach einem Unfall) griffen nach der Rechtsprechung nur dann, wenn die psychische Einwirkung das erste Glied der Ursachenreihe sei, nicht aber, wenn ein Unfallereignis einen Schock auslöse, der dann zum Tode führe. Dies reichte den Bedingungsgebern nicht aus, der Ausschluss wurde ab den AUB 88 erweitert.
d) Beweisfragen
Rz. 176
Der VR muss das Vorliegen von psychischen Reaktionen darlegen und beweisen, also den Nachweis führen, dass (bzw. in welchem Umfang) die Beschwerden auf ausgeschlossenen psychischen Reaktionen beruhen. Genügend ist der Nachweis, dass organische Ursachen für die festgestellten Störungen vernünftigerweise auszuschließen sind. Der VR trägt auch die Beweislast für den Umfang der psychischen Reaktion, wenn psychische und physische Ursachen bei der Gesundheitsschädigung mitgewirkt haben.
Hinweis
Die "Psycho-Klausel" wird in vielen Einzelpunkten diskutiert, weil die OLG-Rechtsprechung hierzu uneinheitlich ist. Ein klärendes Urteil des BGH zur Frage, welche psychischen Folgen versichert sind und welche nicht, steht noch aus. Nahezu unstreitig sind jedoch drei Punkte:
1. |
Der Ausschluss ist grundsätzlich wirksam (h.M. mit BGH). |
2. |
Der Ausschluss greift nicht, wenn die psychischen Störungen adäquat kausal auf eine durch den Unfall hervorgerufene organische Verletzung zurückzuführen sind, soweit diese von Hirn- oder Nervenverletzungen direkt ausgehen. |
3. |
Eine zweifelsfreie und ausschließliche psychische Fehlverarbeitung ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. |