a) Grundsätzliches
Rz. 173
Bauch- und Unterleibsbrüche (sog. Hernien) sind vom Versicherungsschutz grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie zumeist auf einer anlagebedingten (angeborenen) oder krankheitsbedingten Bindegewebsschwäche beruhen und genetische Dispositionen bzw. Erkrankungen in den AUB ausgeschlossen sein sollen.
b) Ausgeschlossener Gesundheitsschaden
Rz. 174
Unter einem Bauch- oder Unterleibsbruch (sog. Hernien) versteht man das Vortreten eines Eingeweides aus der Bauchhöhle in eine abnorme Ausstülpung des Bauchfells. Es handelt sich regelmäßig um eine anlagebedingte (angeborene) oder krankheitsbedingte Bindegewebsschwäche. Dazu zählen u.a. der Leistenbruch, der Zwerchfellbruch, der Bauchdeckenbruch und der Nabelbruch. Hernien können nach gesicherten medizinischen Erfahrungswerten nur im Ausnahmefall durch eine von außen kommende gewaltsame Einwirkung entstehen.
c) Voraussetzungen der Ausnahme
Rz. 175
Versicherungsschutz besteht, wenn der Bruch durch eine unter den Vertrag fallende gewaltsame von außen kommende Einwirkung entstanden ist. Neben den anlagebedingten Entstehungsformen (innere Ursachen) können im Ausnahmefall Hernien durch von außen kommende gewaltsame Einwirkungen entstehen, also auf einen Unfall zurückzuführen sein. In diesen Fällen ist Versicherungsschutz gegeben. Die Bildung der Bruchpforte muss durch gewaltsame Einwirkung direkt den Bauch- oder Unterleibsbereich erfolgen, während der Austritt innerer Organe im Rahmen natürlicher Abläufe, die zu einer Erhöhung des Bauchinnendrucks führen (Heben schwerer Gegenstände, lang anhaltendes Husten), auch zeitlich nachfolgend geschehen kann.
Als von außen kommende Einwirkung kommt scharfe und stumpfe Gewalt in Frage. Bei den praxisrelevanten Fällen des sog. "Verhebetraumas" und des "Pressbruches" kommt es durch das Anheben, Aufheben, Abstützen, Abwehrens schwerer Gegenstände oder auch durch andauerndes Husten zu einem erhöhten Bauchinnendruck. Versicherungsschutz ist in diesen Konstellationen regelmäßig nicht gegeben.
Rz. 176
Hinweis
Durch einen Unfall (nicht durch Kraftanstrengung) muss es zu einer Zerreißung gekommen sein, also zur Bildung der Bruchpforte. Treten lediglich innere Organe durch eine bereits bestehende Bruchpforte aus, ist kein Fall des Wiedereinschlusses gegeben.
d) Unterschiede in den Bedingungsgenerationen
Rz. 177
Die Ausschlussklausel wurde in den AUB 2014 sprachlich verändert. Die Ausnahme wurde präzisiert, inhaltlich ist es bei den Regelungen der Ziff. 5.2.7 AUB 10/08/99, § 2 III (1) AUB 94/88, § 10 (3) AUB 61 geblieben.
e) Beweisfragen
Rz. 178
Der Ausschlusstatbestand ist durch das Vorliegen der Hernie geführt. Es geht also letztlich darum, ob der VN die Ausnahme beweisen kann. Der Beweis ist darauf zu richten, dass der Bruch auf einer unter den Vertrag fallenden gewaltsamen von außen kommenden Einwirkung beruht. Dieser Beweis ist nicht geführt, wenn keine objektiven Hinweise auf eine traumatische Einwirkung (z.B. Ödeme, Blutungen, Zerreißungen) oder deren Folgen (z.B. Schock, starke Schmerzen) vorliegen. Hierbei ist es unerheblich, ob der VN eventuell den Beweis nur deshalb nicht erbringen kann, weil er erst Wochen nach dem Schadenereignis operiert wurde.
Hinweis
Selbst wenn der Nachweis des Wiedereinschlusses gelingt, kann eine anlagebedingte Bindegewebsschwäche vorliegen, die möglicherweise zur Leistungskürzung (Ziff. 3 AUB 2014) berechtigt.