aa) Grundsätzliches
Rz. 88
Unfälle der VP durch Bewusstseinsstörungen sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der VP ergreifen, sind ausgeschlossen, d.h. eine Bewusstseinsstörung oder ein Anfall zu Beginn der Kausalkette lässt den Versicherungsschutz entfallen. Erforderlich ist, dass die Bewusstseinsstörung (bzw. der Anfall) adäquat kausal für das Unfallereignis ist, wobei Mitursächlichkeit ausreicht.
Hinweis
In der Praxis geht es vielfach schlicht um die Frage, ob die Bewusstseinsstörung (bzw. der Schlaganfall, epileptische Anfall oder der andere Krampfanfall) Auslöser oder Folge des Unfallereignisses war.
bb) Unfallursache Bewusstseinsstörungen
Rz. 89
Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der VP ergreifen, sind medizinisch zu bewerten und insoweit unproblematisch. Anders ist es bei der Bewusstseinsstörung. Die AUB 2020/2014 enthalten eine Definition, die sich an den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen orientiert.
Rz. 90
Per Definition liegt eine Bewusstseinsstörung vor, wenn die VP in ihrer Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit so beeinträchtigt ist, dass sie den Anforderungen der konkreten Gefahrenlage nicht mehr gewachsen ist.
Damit wird die fallbezogene Betrachtungsweise in den Bedingungen festgeschrieben. Die Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit muss so (ggf. auch weniger stark) ausgeprägt sein, dass es für die konkrete Gefahrenlage nicht mehr ausreicht. Es reicht z.B. eine Störung des Gleichgewichtsinns, die Verlängerung der Reaktionszeit oder eine Herabsetzung der Koordinationsfähigkeit aus, wenn dies im konkreten Geschehensablauf einen Unfall (mit-)verursacht.
cc) Mögliche Ursachen für Bewusstseinsstörungen
Rz. 91
Die Ursachen für eine Bewusstseinsstörung waren und sind umstritten. Ziff. 5.1 AUB 2010/2014 nennen Beispiele für Bewusstseinsstörungen.
Ursachen für die Bewusstseinsstörung können sein:
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eine gesundheitliche Beeinträchtigung, |
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die Einnahme von Medikamenten, |
▪ |
Alkoholkonsum, |
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Konsum von Drogen oder sonstigen Mitteln, die das Bewusstsein beeinträchtigen. |
Die Formulierung "Ursachen … können sein" kann man sowohl als beispielhafte, aber auch als abschließende Aufzählung verstehen, allerdings stellt das Vorwort der AUB klar, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. So können auch andere Gründe zum Tragen kommen.
dd) Gesundheitliche Beeinträchtigung
Rz. 92
Unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen wird man neben krankhaften Störungen auch vorübergehende Körperreaktionen (auch kurzfristige und in engerem Sinne nicht krankhafte) wie ein "schwarz-vor-Augen-Werden" verstehen müssen. Das Erfordernis einer krankhaften Genese war lange umstritten, es reichte aber jede vorübergehende Kreislaufreaktion, wenn sie die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit derart beeinträchtigt, dass die konkrete Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann.
Beispiele zu bisherigen AUB:
Bewusstseinsstörungen bejaht:
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Herzrhythmusstörungen, |
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Ohnmacht und Synkope, |
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schwere Schwindelanfälle, |
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Schlafapnoe (Sekundenschlaf), |
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Schwächezustand aufgrund mangelnder Gehirndurchblutung, |
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Vernichtungsschmerz nach einem Herzinfarkt, |
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Gehirntumor, |
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Ein akuter Depressionsschub kann den Ausschlusstatbestand erfüllen. |
Keine Bewusstseinsstörungen:
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Natürliche Müdigkeit – Übermüdung (Schlaftrunkenheit). |
Strittig:
ee) Einnahme von Medikamenten
Rz. 93
Die Einnahme von Medikamenten kann zu sog. Nebenwirkungen führen, die in Packungsbeilagen beschrieben werden. Hier finden sich regelmäßig z.B. Hinweise auf ein beeinträchtigtes Reaktionsvermögen. Unerheblich ist, ob das Medikament vom Arzt verordnet war oder ohne ärztlichen Rat eingenommen wurde, ebenso wenig di...