Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 376
Richtet sich die Entscheidung gegen einen gerichtlichen Titel, d.h. insbesondere gegen ein Urteil, einen Prozessvergleich oder einen vollstreckungsfähigen Beschluss, so ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges nach § 767 ZPO bzw. nach §§ 794 Abs. 1, 795, 767 ZPO für die Entscheidung über die Vollstreckungsgegenklage sachlich und örtlich zuständig.
Rz. 377
Unerheblich ist dabei, ob die sachliche und örtliche Zuständigkeit im Ausgangsprozess von diesem Gericht zutreffend angenommen wurde. Dies gilt auch dann, wenn nach dem Gegenstand der Einwendung oder nach der Höhe des Streitwertes nach allgemeinen Regeln ein anderes Gericht zuständig wäre. Insoweit gibt der Gesetzgeber dem Grundsatz der durch den Vorprozess begründeten Sachnähe des tatsächlichen Prozessgerichts den Vorrang.
Rz. 378
Betrifft die Vollstreckungsgegenklage keine gerichtliche Entscheidung, so ist für die Frage der Zuständigkeit nach der Art des Titels zu unterscheiden:
Rz. 379
Für die Entscheidung über einen Prozessvergleich ist ebenfalls das Prozessgericht erster Instanz sachlich und örtlich berufen, welches den Prozessvergleich protokolliert hat. Auch hier gilt der Primat der Sachnähe. Dies gilt allerdings auch dann, wenn der Prozessvergleich erst in der Berufungsinstanz abgeschlossen wurde, weil auch dies nichts daran ändert, dass das Prozessgericht der ersten Instanz in den Sach- und Streitstand eingearbeitet ist. Auch wenn es sich bei dem Prozessvergleich um eine gerichtliche Urkunde handelt, kommt § 797 ZPO nicht zur Anwendung.
Rz. 380
Bei einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist mangels eines Prozessgerichts erster Instanz zwischen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu unterscheiden. Nach § 797 Abs. 5 ZPO ist örtlich das Gericht zuständig bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich damit nach §§ 12, 13, 17 ff. ZPO und ist regelmäßig am Wohnsitz bzw. Sitz des Schuldners begründet.
Rz. 381
Hinweis
Bei mehreren Schuldnern und damit Klägern, die als Streitgenossen die Vollstreckungsgegenklage gemeinsam erheben wollen, aber über einen unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsstand verfügen, besteht insoweit ein Wahlrecht nach § 35 ZPO.
Rz. 382
Eine besondere Regelung über die örtliche Zuständigkeit enthält § 800 Abs. 3 ZPO für den Fall, dass die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in der notariellen Urkunde im Sinne von § 800 Abs. 1 ZPO so ausgestaltet wurde, dass sie nicht nur den konkret den Vertrag schließenden Schuldner ergreift, sondern den jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes verpflichtet, und die so gestaltete Unterwerfung auch im Grundbuch eingetragen wurde. In dieser besonderen Konstellation ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das betroffene Grundstück gelegen ist.
Rz. 383
Über die sachliche Zuständigkeit trifft § 797 ZPO für die vollstreckbare Urkunde keine Regelung, sodass sich diese nach allgemeinen Vorschriften und damit nach §§ 23, 71 GVG richtet. Maßgeblich ist insoweit der Streitwert der Vollstreckungsgegenklage, der sich grundsätzlich nach dem Wert der (noch) zu vollstreckenden Forderung bestimmt. Handelt es sich bei der aus der vollstreckbaren Urkunde begründeten Verpflichtung um einen arbeitsrechtlichen Anspruch, ist dabei die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gegeben. Für einen familienrechtlichen Anspruch kann nichts anderes gelten, sodass hier ungeachtet des Streitwertes das Amtsgericht als Familiengericht sachlich zuständig ist.
Rz. 384
Für die Entscheidung einer Vollstreckungsabwehrklage, mit der das Ziel verfolgt wird, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde über ein beiderseitiges Handelsgeschäft abzuwenden, ist den allgemeinen Vorschriften folgend dann auch die Kammer für Handelssachen sachlich zuständig.
Rz. 385
Wendet sich der Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 795, 767 ZPO gegen die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, fehlt es auch hier an einem Prozessgericht. Auch hier gilt, dass zwischen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu differenzieren ist, da nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 795, 796 Abs. 3 ZPO für die Entscheidung über die Vollstreckungsgegenklage das Gericht zuständig ist, welches für die Entscheidung im Streitverfahren, d.h. nach einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder einen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zuständig gewesen wäre. Regelmäßig handelt es sich hierbei um das im Mahnbescheid bezeichnete Streitgericht. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich damit nach den §§ 12, 13, 17 ff. ZPO.
Rz. 386
Hinweis
Stand dem Gläubiger hinsichtlich des örtlichen Gerichtsstandes nach § 35 ZPO ein Wahlrecht zu, so wird es mit der Bezeichnung des Streitgerichts im Mahnbescheid ausgeübt. Hieran ist der Schuldner bei der Vollstreckungsgegenklage gebunden. Stand dem Gläubiger dagegen tatsächlich kein Wahlrecht zu, ist...