Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 173
Ist der Antrag nicht schon nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners unbegründet und zurückzuweisen, so hat das Vollstreckungsgericht dem Gläubiger rechtliches Gehör zu gewähren. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das Gericht den Erfolg des Antrages nicht ausschließt, sodass der Gläubiger neben den Angriffen gegen den Vortrag des Schuldners die eigenen schutzwürdigen Belange in den Vordergrund zu stellen hat. Hier ist dann eine sorgfältige Argumentation notwendig. Der Schuldner wird seinerseits nun zur Stützung seines Antrages darzulegen haben, dass solche schutzwürdigen Belange nicht tangiert sind.
Rz. 174
Tipp
Der Gläubiger sollte dann ggf. auch Maßnahmen ergreifen, die seine Vollstreckungshandlung nicht mehr als sittenwidrige Härte erscheinen lassen. So ist es denkbar, dass der Gläubiger dem Schuldner anbietet, die Kontopfändung bei einem Dritten zum Ruhen zu bringen, wenn dort derzeit nur unpfändbare Sozialleistungen eingehen, soweit der Schuldner sich verpflichtet ihm regelmäßig die Kontoauszüge zumindest in Kopie zur Verfügung zu stellen. Dies trägt dem Interesse des Gläubigers Rechnung, dass der Schuldner die Freigabe des Kontos nicht dazu nutzt, bisher unbekannte Einnahmen über dieses Konto zu transferieren. Auch kann der Gläubiger dem Schuldner anbieten, die Räumung für einen überschaubaren Zeitraum zurückzustellen, soweit sich der Schuldner in ambulante oder stationäre Therapie begibt, die Fortdauer nachweist und eine Nutzungsentschädigung tatsächlich bezahlt.
Rz. 175
Das Vollstreckungsgericht kann seinen Beschluss nach § 765a Abs. 4 ZPO jederzeit ändern oder aufheben, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss nach § 765a ZPO erst in der Beschwerdeinstanz erlassen worden ist oder zwischenzeitlich rechtkräftig geworden ist. Erforderlich ist aber eine nachträgliche Änderung von Tatsachen oder das Vorbringen von Tatsachen, die im Ausgangsverfahren nicht vorgebracht werden konnten. Eine reine Wiederholung des bereits berücksichtigten Vortrages ist dagegen nicht ausreichend. Vortrags- und antragsberechtigt für eine Aufhebung oder Änderung ist auch der Gläubiger.
Rz. 176
Hinweis
Nach der Einstellung der Zwangsvollstreckung oder Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme nach § 765a ZPO kann die Entscheidung des Gerichts nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein neuer Vollstreckungsantrag gestellt wird. Einem solchen Antrag fehlt nämlich regelmäßig – d.h. zumindest in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Entscheidung – das Rechtsschutzinteresse, wenn keine stichhaltigen Anhaltspunkte vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, wonach die den Vollstreckungsschutz begründenden besonderen Umstände und die damit begründete Härte nicht mehr vorliegen.
Rz. 177
Gegen die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO als Rechtsmittel statthaft. Gegen die Beschwerdeentscheidung ist dann die Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO gegeben, soweit das Beschwerdegericht diese zulässt. Dies wird jedoch nur in Ausnahmefällen zu erreichen sein, da es sich regelmäßig um Einzelfallentscheidungen handeln dürfte.