Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 8
Die rechtsfähige Stiftung des Privatrechts, um die es hier hauptsächlich geht, ist nach § 80 Abs. 1 S. 1 BGB eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person. Diese im Zuge der Stiftungsrechtsreform 2023 in das BGB aufgenommene Legaldefinition entspricht im Wesentlichen der bereits vorher gängigen Beschreibung. Als eine Zusammenfassung von vermögenswerten Gegenständen ist die Stiftung grundsätzlich auf Dauer angelegt. Sie hat keine Mitglieder oder Gesellschafter, sondern Nutzer (Destinatäre).
Rz. 9
Hinweis
Als Destinatäre werden diejenigen natürlichen oder juristischen Personen bezeichnet, denen die Vorteile der Stiftung (Stiftungsleistungen) zugutekommen sollen. Sie haben als Destinatäre keinen einklagbaren Anspruch gegen die Stiftung, es sei denn, es ist etwas anderes in der Stiftungsverfassung festgelegt.
Rz. 10
Das Grundstockvermögen einer Stiftung darf in seiner Substanz grundsätzlich nicht angegriffen werden ("Grundsatz der Vermögenserhaltung"). Es ist nach § 83c Abs. 1 S. 1 BGB ungeschmälert zu erhalten. Das muss dem Stifter unbedingt bewusst sein. Die Erträge aus dem Grundstockvermögen sind dabei nur für die Zwecke der Stiftung einzusetzen (§ 83c Abs. 1 S. 2 BGB).
Rz. 11
Mit Blick auf den Vermögenserhaltungsgrundsatz war die Zulässigkeit einer sog. Verbrauchsstiftung, d.h. einer Stiftung, die nicht nur die Erträge des Stiftungsvermögens, sondern auch das Stiftungsvermögen selbst für die Zweckverwirklichung verbraucht, lange Zeit umstritten. Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.2013 wurde schließlich erstmals eine gesetzliche Grundlage für diesen Ausnahmefall geschaffen und bei der Reform zum 1.7.2023 nochmals angepasst und erweitert. Leider hat sich dabei die schon zuvor vertretene, aber zu enge Verwaltungsauffassung durchgesetzt, wonach bereits bei Errichtung der Stiftung ein bestimmter Zeitraum für den Vermögensverbrauch festgelegt werden muss. Ein praxisnaher "flexibler" Vermögensverbrauch, über den etwa die Organe nach konkretem Bedarf entscheiden könnten, scheidet damit grundsätzlich aus. Die wesentlichen Vorschriften in der (ab 1.7.2023) geltenden Fassung lauten:
§ 80 Abs. 1 S. 2 BGB:
Die Stiftung wird in der Regel auf unbestimmte Zeit errichtet, sie kann aber auch auf bestimmte Zeit errichtet werden, innerhalb derer ihr gesamtes Vermögen zur Erfüllung ihres Zwecks zu verbrauchen ist (Verbrauchsstiftung).
§ 81 Abs. 2 BGB:
Die Satzung einer Verbrauchsstiftung muss zusätzlich enthalten:
1. |
Die Festlegung der Zeit, für die die Stiftung errichtet wird, und |
2. |
Bestimmungen zur Verwendung des Stiftungsvermögens, die die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks und den vollständigen Verbrauch des Stiftungsvermögens innerhalb der Zeit, für welche die Stiftung errichtet wird, gesichert erscheinen lassen. |
§ 82 S. 2 BGB:
Bei einer Verbrauchsstiftung erscheint die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert, wenn die in der Satzung bestimmte Zeit mindestens zehn Jahre umfasst.
Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer solchen Stiftung sind allerdings nach dem entsprechend angepassten § 10b Abs. 1a EStG nicht steuerlich abzugsfähig. Das ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, auch wenn das in der Praxis mitunter bedauert wird.
Die Handhabung der gesetzlichen Regelung in der Praxis und deren tatsächliche Reichweite wurden schon bisher kontrovers diskutiert. Nach unserer Erfahrung ist die Praxis der Stiftungsbehörden noch nicht einheitlich, was durch die fehlenden Praxiserfahrungen nach der erneuten Reform in 2023 umso mehr gelten dürfte. Hier ist im Einzelfall fundierte Kommunikation gefragt.
Rz. 12
Die Stiftung ist entgegen manchem Missverständnis und Vorurteil eine wertneutrale, steuerpflichtige juristische Person, die – wie andere Körperschaften (in der Praxis insb. Vereine und GmbH, Paradebeispiel: Robert Bosch Stiftung GmbH) auch – gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO sein kann, aber nicht sein muss.
Rz. 13
Sofern eine Stiftung unmittelbar oder mittelbar unternehmerisch tätig ist, kann sie sich den Gesetzmäßigkeiten des Wirtschaftslebens nicht entziehen. Dennoch haben manche das falsche Vorverständnis, eine Stiftung habe zwangsläufig einen gemeinwohlfördernden oder sogar gemeinnützigen Charakter. Die einmal errichtete Stiftung genießt mit ihrem jeweiligen spezifischen Stiftungszweck staatlichen Bestandsschutz – und zwar auch gegenüber dem Stifter (wichtiges Stichwort dazu: Stiftungsreife; siehe Rdn 16).