Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 162
Aus unterschiedlichsten Gründen kommen für manche potenziellen Stifter die klassischen Rechtsformen der rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Stiftung nicht in Betracht. Sie wählen stattdessen z.B. die Rechtsform des Vereins oder der gemeinnützigen GmbH (gGmbH). Nicht selten wird in der Praxis dann aber die Bezeichnung "Stiftung" nicht nur für Stiftungen im eigentlichen Sinne verwendet. Im Rechtsverkehr treten immer wieder GmbHs, Vereine und andere Konstrukte ohne weiteres, und damit grundsätzlich unzulässig, als Stiftungen auf. Bekannte Praxisbeispiele sind die "Robert Bosch Stiftung GmbH", oft auch nur "Robert Bosch Stiftung" und die "Konrad Adenauer Stiftung e.V.", oft auch nur "Konrad Adenauer Stiftung", oder beispielsweise auch die "Friedrich Ebert Stiftung e.V.", oft ebenfalls nur "Friedrich Ebert Stiftung".
Rz. 163
In jedem Fall muss bei einer solchen "Ersatzgestaltung" eine Verwechslungsgefahr mit der "echten" Stiftung ausgeschlossen sein. Nach § 18 Abs. 2 HGB darf eine Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Dieses Irreführungsverbot ist ein "allgemeiner Rechtsgrundsatz", der etwa auch in § 4 GmbHG zum Ausdruck kommt. Man spricht hier vom Grundsatz der "Firmen- und Namenswahrheit". Die Entscheidungen der Gerichte dazu sind seit 1964 klar und deutlich: Der klarstellende Rechtsformzusatz ist im Rechtsverkehr durchgehend zu führen. Auch eine treuhänderische Stiftung darf mit ihrem Namen nicht gegen dieses Irreführungsverbot verstoßen. Zudem ist im Einzelfall zu prüfen, ob man mit dem Namensbestandteil Stiftung etwa am Spendenmarkt "täuschend" im Sinne des Wettbewerbsrechts auftritt.
Rz. 164
Die Bezeichnung als "Stiftung" ist nach der Rechtsprechung insb. auch dann unzulässig, wenn das Konstrukt keine "stiftungsähnliche Struktur" aufweist. Dazu sind ein auf Dauer angelegter Stiftungszweck, eine stiftungsähnliche Organisation und eine ausreichende Vermögensausstattung erforderlich. Hier ist in jedem Fall ausgefeilte juristische Vertragstechnik gefragt:
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Die Zahl der Mitglieder ist langfristig bewusst klein zu halten. |
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Die Mitgliedschaftsrechte, Geschäftsanteile und Aktien sollten nur treuhänderisch übertragen werden, wobei sicherzustellen ist, dass sie unveräußerlich und nicht vererblich sind. |
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Satzungsänderungen und Zweckänderungen sind durch Einstimmigkeitserfordernisse und/oder Anerkennungserfordernisse (Beirat/"Stiftungsrat") zu erschweren. |
Rz. 165
Es drohen bei alledem erhebliche Rechtsfolgen: Das Registergericht kann bei einer unzulässigen Firmierung oder Bezeichnung nach § 37 HGB zur Unterlassung durch Festsetzung von Ordnungsgeld anhalten. Es drohen zudem auch Unterlassungsklagen und Schadensersatzforderungen von "Marktteilnehmern", z.B. nach § 37 Abs. 2 HGB oder nach dem UWG. Nicht zuletzt drohen Schadensersatzforderungen des "Konstruktes" gegenüber seinen Organmitgliedern, die im betreffenden Fall ggf. schuldhaft den Schaden verursacht haben. Ein Schaden kann sich hier nicht etwa nur aus Gerichtskosten oder Schadensersatzzahlungen an Dritte ergeben. Man denke ganz einfach nur an eine wegen einer unzulässigen Namensführung erforderlich werdende Überarbeitung einer Homepage.
Rz. 166
Unabhängig davon wird man auch sagen müssen, dass "Stiftungen" im Sinne einer Vermögensverselbstständigung unter eigenständiger Organisation (mit einer Aufsichtsbehörde) zu einem auf Dauer angelegten Zweck grundsätzlich nur über die Rechtsform der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts vollzogen werden können. Die genannten Ersatzformen sind stets nur "Lösungen zweiter Klasse", die versuchen, den Stiftungsansatz künstlich zu imitieren. Es sei im Übrigen hervorgehoben, dass die steuerliche Vergünstigung nach § 58 Nr. 6 AO nur für Stiftungen gilt. Danach ist es steuerlich nur bei einer steuerbefreiten Stiftung unschädlich, ein Drittel ihres Einkommens, also auch der Erträge, zu verwenden, um in angemessener Weise den Stifter ("Gründer") und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten. Auch das "Stiftungssteuerrecht" bietet wesentliche Steuervorteile nur für Stiftungen.