Rz. 299
Die Verfügungsbefugnis der Erben wird nur so weit durch die Testamentsvollstreckung eingeschränkt, wie die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers reicht (vgl. §§ 2208 Abs. 1, 2217 BGB). Kann der Testamentsvollstrecker selbst wegen einer Interessenkollision bzw. § 181 BGB nicht über den Nachlassgegenstand verfügen, kann seinerseits der Erbe verfügen, sofern diesbzgl. keine Ersatztestamentsvollstreckung angeordnet wurde. Des Weiteren macht eine Vollmacht zugunsten des Erben diesen trotz angeordneter Testamentsvollstreckung verfügungsberechtigt.
Rz. 300
Unter den Begriff der Verfügung fallen u.a. Veräußerungen, Belastungen oder Verpfändung des Rechts. Er umfasst die die Rechtslage eines Gegenstandes unmittelbar ändernden Rechtsgeschäfte. Damit kann der Erbe z.B. keine Kündigung über ein Mietverhältnis des Erblassers nach § 569 BGB aussprechen oder ein Vorkaufsrecht an einer Immobilie, die im Nachlass ist, einem Dritten bewilligen. Die mietrechtliche Sondererbfolge nach Maßgabe der §§ 563, 563a BGB fällt jedoch nicht unter die Testamentsvollstreckung, da höchstpersönliche Rechte der Erbe betroffen sind. Allerdings kann der Erbe über seinen Miterbenanteilverfügen, da dieser wegen § 2205 BGB nicht unter die Testamentsvollstreckung fällt. Er kann somit seinen Erbanteil verpfänden oder nach § 2033 BGB abtreten. Ferner werden Verwaltungsmaßnahmen nicht von § 2211 BGB umfasst. Diese können allerdings wegen § 2205 S. 2 BGB nicht entgegen den Willen des Testamentsvollstreckers durchgesetzt werden.
Rz. 301
Problematisch ist der Surrogationserwerb. Haben die gesetzlichen Vertreter eines Kindes z.B. ein Grundstück veräußert und kommt es zur Erlösverteilung, stellt sich die Frage, ob das vom Erlös gekaufte neue Grundstück wiederum der Testamentsvollstreckung unterfällt. Die Rspr. verneint dies. Richtigerweise muss darauf abgestellt werden, ob der Testamentsvollstrecker den Erlös in seiner Verwaltung behält und dann ein Surrogat erwirbt. Wegen § 2041 BGB fällt dieses Surrogat unter die Testamentsvollstreckung und ist der Verfügung durch Erben entzogen.
Rz. 302
Nach § 2211 Abs. 2 BGB gelten die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten (analoge Anwendung). Im Einzelnen handelt es sich um die Regelungen in:
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§ 892 BGB (öffentlicher Glaube des Grundbuchs), |
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§ 893 BGB (Rechtsgeschäft mit dem Eingetragenen), |
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§§ 932 ff. BGB (Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten), |
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§ 1032 BGB (Bestellung an beweglichen Sachen), |
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§ 1207 BGB (Verpfändung durch Nichtberechtigten), |
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§ 1244 BGB (Gutgläubiger Erwerb bei Pfandrecht) und |
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§§ 2364 ff. BGB (Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins und Testamentsvollstreckerzeugnis). |
Rz. 303
Haben Dritte auf die Verfügungsbefugnis des Erben vertraut, weil sie die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht kannten oder annahmen, der verfügte Gegenstand fällt nicht in den Nachlass bzw. unter die Verwaltung des Testamentsvollstreckers, so wird dieser gute Glaube geschützt.
Rz. 304
Problematisch ist, ob der Dritte generell bei Rechtsgeschäften mit Erben verpflichtet ist, sich den Erbschein vorlegen zu lassen, um gutgläubig erwerben zu können. Dies ist im Ergebnis zu verneinen, da es auf die positive Kenntnis von der Testamentsvollstreckung ankommt.
Rz. 305
Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers wird durch § 2211 Abs. 2 BGB nicht geschützt. § 2211 Abs. 2 BGB gilt auch nicht, wenn der Erbe dem Testamentsvollstrecker den Besitz entzogen hat und er damit i.S.d. § 935 BGB abhandengekommen ist. Liegt ein unrichtiger Erbschein vor, bei dem ein Testamentsvollstreckervermerk fehlt, ist ebenfalls § 2211 Abs. 2 BGB nicht anwendbar. Ein gutgläubiger Erwerb ist dann nur nach § 2366 BGB möglich, wobei sogar grobe Fahrlässigkeit nicht schadet, sondern nur die positive Kenntnis von der Unrichtigkeit.
Rz. 306
Kommt es zu einer gutgläubigen Leistung eines Dritten an den Erben statt an den Testamentsvollstrecker, so wird der Dritte nach überwiegender Auffassung entweder nach § 407 BGB analog oder aber § 1984 BGB analog von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er keine positive Kenntnis von der Testamentsvollstreckung hatte. Damrau geht diese Analogie zu weit und er befürwortet stattdessen eine Analogie zu § 2140 BGB, wonach bereits Fahrlässigkeit den gutgläubigen Erwerb ausschließt.
Rz. 307
Die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist wegen § 2368 Abs. 3 Hs. 2 BGB nicht geeignet, positiv das Bestehen eines Testamentsvollstreckeramtes festzustellen. Ohne weiteres kann zum Zeitpunkt der Vorlage das Amt bereits erloschen sein und der Testamentsvollstrecker ist nicht mehr verfügungsberechtigt. Ein gutgläubiger Erwerb ist also nicht möglich. Aus anwaltlicher und notarieller Vorsorge sollte daher bei Grundstücksgeschäften mit Testamentsvollstreckern eine Mitteilung beim Nachlassgericht eingeholt werden, ob die Testamentsvollstreckung noch besteht. Ebenso kann eine Anfrage bei dem von der Testamentsvollstr...