a) Klagen als Testamentsvollstrecker
Rz. 315
Der Umfang des Prozessführungsrechts des Testamentsvollstreckers hängt vom Umfang seines Verwaltungsrechts ab. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Erblasser nach § 2208 BGB das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers eingeschränkt hat. Anderenfalls ist der Testamentsvollstrecker grundsätzlich zu jeder Art der gerichtlichen Geltendmachung des seiner Verwaltung unterliegenden Nachlasses berechtigt. Neben allen Arten von Zivilklagen und der Durchführung von Zwangsvollstreckungsverfahren kann der Testamentsvollstrecker auch einen Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 175 ZVG oder das Aufgebot der Nachlassgläubiger gem. § 991 Abs. 2 ZPO stellen. Ebenso kann er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 317 InsO beantragen.
Rz. 316
Unterliegt der gesamte Nachlass der Testamentsvollstreckung, kann der Testamentsvollstrecker in dieser Eigenschaft auch den Erbschaftsanspruch geltend machen. Sofern der Testamentsvollstrecker im Rahmen eines Prozesses verzichtet, anerkennt oder einen Vergleich abschließen will, sind auch die Anordnungen des Erblassers nach § 2208 BGB und das Schenkungsverbot nach § 2205 S. 3 BGB zu berücksichtigen. Verstößt der Testamentsvollstrecker gegen diese Anordnungen bzw. das Schenkungsverbot, tritt keine Verfahrensbeendigung ein, was nach der h.M. wegen der Doppelnatur der Prozesshandlung und der Nichtigkeit der materiell-rechtlichen Seite Auswirkungen auf die prozessuale Seite hat.
Rz. 317
Des Weiteren hat der Testamentsvollstrecker die Verjährungshemmung nach § 211 BGB zu beachten. Danach wird die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit der Amtsannahme durch den Testamentsvollstrecker beendet, soweit der Anspruch der Testamentsvollstreckung unterliegt. Dies gilt sowohl zum Schutz des Nachlasses als auch zum Schutz der Gläubiger.
Rz. 318
Da § 2212 BGB nicht zwingend ist, kann der Erblasser im Rahmen seiner letztwilligen Anordnung das Prozessführungsrecht auch den Erben nach § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB zuweisen. Hat der Erblasser beiden, dem Testamentsvollstrecker und den Erben, das Prozessführungsrecht übertragen, sind beide ausnahmsweise notwendige Streitgenossen nach § 62 Abs. 1 2. Alt. ZPO.
b) Gewillkürte Prozessstandschaft des Erben
Rz. 319
Wie oben bereits erwähnt, hat der Testamentsvollstrecker auch die Möglichkeit, die Erben zur Prozessführung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft wirksam zu ermächtigen. Die gewillkürte Prozessstandschaft bietet sich insb. in den Fällen an, in denen der Testamentsvollstrecker aufgrund des Risikos selbst nicht klagen will. Die Besonderheit dieser gewillkürten Prozessstandschaft liegt darin, dass ein eigenes Recht, das jedoch der Verfügungsbefugnis durch den Rechtsinhaber entzogen ist, im eigenen Namen geltend gemacht wird.
Rz. 320
Lehnt der Testamentsvollstrecker sowohl die eigene Prozessführung als auch eine gewillkürte Prozessstandschaft ab, so muss er vom Erben nach § 2216 BGB auf Durchführung der Klage verklagt werden. Alternativ kann der Erbe bei grobem Pflichtverstoß die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragen.
Rz. 321
Die prozessuale Voraussetzung ist dann gegeben, wenn sich insbesondere das schutzwürdige Interesse für die Geltendmachung durch den Erben aus seiner eigenen Rechtsinhaberschaft ergibt. Erfolgt die Abtretung zur Ermöglichung der Prozessführung nur aus dem Grunde, das Kostenrisiko zu verschieben, ist sie wegen Missbrauchs unzulässig. Dem Testamentsvollstrecker ist es jedoch im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Verwaltung möglich, die Ermächtigung zu erteilen. Hierzu gehört auch, dass das durch den Prozess Zugesprochene seiner Verwaltung unterworfen bleibt. Wenn er zur Freigabe nach § 2217 Abs. 1 BGB befugt ist, muss diese Einschränkung nicht vom Testamentsvollstrecker beachtet werden.
Rz. 322
Sofern ein Erbe im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Klage erhebt, ist zu beachten, dass der Antrag auf Leistung an den Testamentsvollstrecker gerichtet sein muss, weil dieser weiterhin den Nachlass zu verwalten hat. Die Rechtskraft eines gegen den Erben als gewillkürten Prozessstandschafter ergangenen Urteils wirkt auch gegen Testamentsvollstrecker.
c) Fehlende Aktivlegitimation des Testamentsvollstreckers
Rz. 323
Das Prozessführungsrecht des Testamentsvollstreckers fehlt in den Fällen, in denen der Anspruch, der mit dem Prozess verfolgt werden soll, nicht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt, wie z.B. die Feststellung des Erbrechtes nach ...