Rz. 378
Für den Fall, dass die Befolgung der Anordnung des Erblassers zu einer erheblichen Gefährdung des Nachlasses führen würde, kann der Testamentsvollstrecker die Außerkraftsetzung beim Nachlassgericht nach Maßgabe des § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB beantragen. Sofern sich der Testamentsvollstrecker bereits eigenmächtig über eine den Nachlass gefährdende Verwaltungsanordnung hinweggesetzt hat, sollte zur Haftungsvermeidung vorsorglich die nachträgliche Entscheidung nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB eingeholt werden.
Rz. 379
Eine Nachlassgefährdung kann nicht nur dann vorliegen, wenn Nachlasswerte sich stark negativ verändern und die Anordnung befolgt wird, sondern auch bei Gefährdung des Testamentsvollstreckungszwecks. Die Nachlassgefährdung muss nicht von Anfang an vorliegen. Sie kann auch aufgrund einer späteren Umstandsänderung, die der Erblasser offensichtlich nicht vorhergesehen hat, eingetreten sein.
Rz. 380
Das Nachlassgericht wird nicht von Amts wegen tätig. Es bedarf somit eines Antrags, der nicht nur vom Testamentsvollstrecker gestellt werden kann, sondern auch von allen Personen, die an der Aufhebung ein rechtliches Interesse haben. Dies sind Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenberechtigte. Nicht berechtigt sind der Pflichtteilsberechtigte, Nachlass- und Privatgläubiger des Erben. Wenn mehrere Testamentsvollstrecker im Amt und gemeinschaftlich vertretungsbefugt sind, muss der Antrag gemeinsam gestellt werden. Bei getrennten Aufgabenbereichen kann derjenige Testamentsvollstrecker den Antrag stellen, dessen Aufgabenbereich die Verwaltungsanordnung betrifft. Eine Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Beantragung, damit die Verwaltungsanordnung außer Kraft gesetzt werden kann, besteht nur in Ausnahmefällen, und zwar dann, wenn kein anderer Beteiligter selbst einen Antrag stellen kann. Ist dies nicht der Fall, kann eine Unterlassung ggf. zu einer Haftung nach Maßgabe des § 2219 BGB führen.
Rz. 381
Das Nachlassgericht kann neben der Antragsablehnung auch die Verwaltungsanordnung ganz oder teilweise aufheben. Eigene oder abweichende Verwaltungsanordnungen durch das Nachlassgericht sind unzulässig. Gegenstand der Außerkraftsetzung können Verwaltungsanordnungen rechtsgeschäftlicher Art sein, ebenso wie wirtschaftliche Maßnahmen. Die Testamentsvollstreckung als solche (Dauer, Zahl der Testamentsvollstrecker, Vergütung) kann nicht Gegenstand sein. Lediglich unzweckmäßige Anordnungen können nicht außer Kraft gesetzt werden, da hier keine erhebliche Gefährdung des Nachlasses vorliegt.
Rz. 382
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 RPflG entscheidet der Richter am Nachlassgericht. Dabei sind vor der Entscheidung die Beteiligten anzuhören. Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker gem. § 16 FamFG wirksam. Im Rahmen der sofortigen Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG kann sowohl der Testamentsvollstrecker als auch jeder Beteiligte, der durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, Rechtsmittel einlegen. Soweit mehrere Testamentsvollstrecker vorhanden sind, ist fraglich, ob gem. § 355 FamFG jedem Testamentsvollstrecker einzeln die Beschwerde zusteht. Nach hiesiger Auffassung ist jedoch nur derjenige Testamentsvollstrecker beschwerdeberechtigt, der auch antragsberechtigt war.
Rz. 383
Bestehen keine getrennten Aufgabenbereiche, so sind die gemeinschaftlichen Testamentsvollstrecker auch nur zur gemeinsamen einfachen Beschwerde befugt. Die Verfahrenskosten richten sich nach Nr. 12420 KV GNotKG.