Rz. 44
Der Testamentsvollstrecker ist lediglich Vermögensverwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO. Er ist nicht Steuerschuldner, da er kein Vermögensinhaber ist. Der Testamentsvollstrecker ist nur insoweit Steuerpflichtiger, wie Steuergesetze ihn ausdrücklich verpflichten. Seine Verpflichtung geht demnach nur so weit, wie auch sein Verwaltungsrecht als Testamentsvollstrecker reicht. Ferner ist er nur berechtigt, steuerliche Rechte in dem Maße wahrzunehmen, wie ihn die Steuergesetze ausdrücklich ermächtigen. Nach § 31 Abs. 5 ErbStG hat er die Erbschaftsteuererklärung abzugeben, wobei dies lediglich für den Erwerb von Todes wegen seitens des Erben gilt. Für andere Personen, wie Vermächtnisnehmer, ist er nur dann verpflichtet, wenn eine Vermächtnisvollstreckung nach § 2223 BGB angeordnet ist. Er ist nicht ohne Vollmacht der Erben befugt, gegen einen Erbschaftsteuerbescheid Rechtsbehelfe einzulegen. Ebenso ist er nicht berechtigt, einen entsprechenden Teil des Nachlasses an die Erben auszukehren, bevor die Bezahlung der Erbschaftsteuer nicht sichergestellt ist. Der Testamentsvollstrecker hat somit im Steuerrecht eine Doppelrolle. Zum einen ist er wegen § 31 Abs. 5 ErbStG zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für den Erben verpflichtet. Andererseits hat er aufgrund seiner Vergütung nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit.
Rz. 45
Für die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung hat er nach § 31 Abs. 1 ErbStG mindestens einen Monat Zeit. Für die praktischen Erwägungen sollte gleich ein Stundungsantrag gestellt werden. Soweit der Testamentsvollstrecker nicht selbst über die notwendigen steuerrechtlichen Kenntnisse verfügt, ist er sogar verpflichtet und nicht nur berechtigt, auf Kosten des Nachlasses seinerseits steuerlichen Rat einzuholen. Bevor Steuererklärungen vom Testamentsvollstrecker gefertigt werden, sollte nach einer Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. des Nachlassbestandes gegenüber dem Finanzamt geklärt werden, ob die Abgabeverpflichtung nicht entfallen kann. Bei der Nachfrage sollte das Nachlassverzeichnis beigefügt und das Finanzamt vorsorglich aufgefordert werden, Mitteilungen zu machen, wenn sich Abweichungen aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Anzeigen Dritter (z.B. Banken) zum Verzeichnis ergeben. Der Testamentsvollstrecker hat seinerseits einen Auskunftsanspruch gegenüber den Erben wegen der Vorschenkung. Dabei muss der Testamentsvollstrecker die Erben auch auf steuerliche Folgen hinweisen (Spekulationssteuer). Er ist gegenüber dem Finanzamt nicht zur Geheimhaltung verpflichtet. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung haftet gem. § 69 AO der Testamentsvollstrecker wegen der Steuerausfälle. Gleiches gilt für §§ 370, 378 AO bei Steuerverkürzung. Der Testamentsvollstrecker haftet auch für die Erbschaftsteuerschulden. Erkennt der Testamentsvollstrecker vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass Steuern verkürzt wurden, ist er zur Richtigstellung an das Finanzamt verpflichtet. Ein Testamentsvollstrecker, der über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Handlungen vornimmt, wird regelmäßig nachhaltig und damit unternehmerisch tätig, sodass deren Einkünfte der Umsatzsteuer unterliegen. Die gilt auch bei einer Auseinandersetzungstestamentsvollstreckung, selbst wenn die Vollstreckung aus privatem Anlass aufgenommen wurde. Übersteigt der Brutto-Umsatz im Vorjahr 22.000 EUR und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht 50.000 EUR, wird wegen § 19 UStG keine Umsatzsteuer fällig.
Rz. 46
Zur Vermeidung von langwierigen Auseinandersetzungen und Einholung von weiteren Sachverständigengutachten etc., die zusätzliche Kosten verursachen, besteht die Möglichkeit mit de Finanzbehörde Kontakt aufzunehmen und eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen (= sog. tatsächliche Verständigung).
Rz. 47
Aufgrund des Urteils des BGH v. 11.11.2004 zur Zulässigkeit von Testamentsvollstreckungen durch Banken und Steuerberater wird in den steuerlichen Anmerkungen zu dieser Entscheidung warnend darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des BFH zur Gewerblichkeit auf alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts übertragen werden können, die diesem nicht vorbehalten werden können. Insofern hat sich der Rechtsanwalt als Testamentsvollstrecker künftig intensiv mit der Problematik der Gewerbesteuer zu beschäftigen. Wenn der Rechtsanwalt sich überwiegend mit Testamentsvollstreckungen beschäftigt und dabei von mehr als einer qualifizierten Person unterstützt wird, so kann ihm das gleiche steuerliche Ungemach drohen, wie einst dem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter. Die Entwicklung der Rspr. und Finanzverwaltung ist daher zukünftig genauestens zu verfolgen.