Rz. 33

Die Ehe von M und F1 ist geschieden. Aus der Ehe ist das 5-jährige Kind K1 hervorgegangen, das von seiner Mutter F1 betreut wird. Nach Rechtskraft der Scheidung hatte M vorübergehend eine Beziehung mit der neKM. Aus dieser Beziehung ist das 1-jährige Kind neK2 hervorgegangen ist. M und die neKM leben nicht zusammen. Das gemeinsame Kind wird von seiner Mutter neKM betreut. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.100 EUR. F1 und neKM haben beide kein Einkommen und können wegen Kinderbetreuung auch kein Einkommen erzielen. NeKM hatte vor der Geburt des Kindes ein Nettoeinkommen von monatlich 1.200 EUR und sie würde auch ohne Kind heute nicht mehr verdienen. Beide Mütter und beide Kinder verlangen von M Unterhalt.

I. Kindesunterhalt

 

Rz. 34

Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 verwiesen (siehe § 1 Rdn 1).

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.100 EUR.

Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 2 (1.901 – 2.300 EUR) zur Anwendung.

Es sind 4 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Die DT geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus. Eine Herabstufung in Einkommensgruppe 1 (bis 1.900 EUR) ist deshalb geboten.

Kind K1 ist 5 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K1 beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).

Kind K2 ist 1 Jahr alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K2 beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).

II. Ehegattenunterhalt für F1

 

Rz. 35

Reihenfolge der Ermittlung der Partnerunterhaltsansprüche:

Der Umstand, dass neKM und F im Fallbeispiel gleichrangig sind, hat erst bei der Frage der Leistungsfähigkeit des M Bedeutung.

Es gibt keine zwingende Reihenfolge für die Ermittlung der Unterhaltsansprüche. Aber praktischerweise ist zunächst der Ehegattenunterhalt zu ermitteln (vgl. hierzu Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 36

Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass F1 wegen Betreuung des Kindes unterhaltsberechtigt ist (§ 1570).

2. Bedarf der F1

 

Rz. 37

Zunächst das Einkommen von M und F1 zu ermitteln, das für die Bestimmung des Bedarfs von F1 maßgebend ist.

a) Bedarfsbestimmende Einkommen des M in Bezug auf F1

 

Rz. 38

Nachdem es sich bei den 2.100 EUR bereits um das bereinigte Nettoeinkommen des M handelt, ist nur noch der Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu prüfen.

aa) Vorwegabzug Kindesunterhalt?

(1) Kind aus erster Ehe

 

Rz. 39

Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar in Höhe des Zahlbetrages.

(2) Kind aus der zweiten Beziehung

 

Rz. 40

Hierbei ist zu beachten, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH der Unterhalt für das Kind K2 aus der zweiten Beziehung des M mit neKM nur abgezogen werden kann, wenn K2 noch vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde (vgl. Fall 48, siehe § 12 Rdn 28 ff. und Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff.).

 

Hinweis

Dies ändert nichts daran, dass der Kindesunterhalt im Falle beschränkter Leistungsfähigkeit vorrangig sein wird. Es geht beim anstehenden Prüfungspunkt nur um die Ermittlung des Einkommens des M, das für den Bedarf der F1 maßgebend ist.

Im Fallbeispiel soll davon ausgegangen werden, dass das Kind K2 nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde. Der Kindesunterhalt für K2 hat somit die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 nicht geprägt. Deshalb ist der Kindesunterhalt für K2 bei der Bestimmung des Bedarfs von F1 nicht vorweg abzuziehen (vgl. auch Fall 49, siehe § 15 Rdn 1).

bb) Vorwegabzug eines etwaigen Unterhalts für die Mutter des nichtehelichen Kindes?

 

Rz. 41

Auch der Unterhaltsanspruch der neKM hat die Ehe von M und F1 nicht geprägt und stellt deshalb keinen Abzugsposten dar.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

Somit ist für die Ermittlung des bedarfsbestimmenden Einkommens in Bezug auf F1 nur der Kindesunterhalt für K1 abzuziehen.

2.100 (Einkommen M) – 286,50 (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 1.813,50 EUR

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1

 

Rz. 42

F hat tatsächlich kein Einkommen und kann bzw. muss im Fallbeispiel auch keines erzielen. Im Fallbeispiel ist deshalb auch kein fiktives Einkommen anzusetzen.

c) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz der gleichen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)

 

Rz. 43

Es gilt der Grundsatz der Halbteilung zwischen M und F1. Eine Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilungsmethode kommt hier nicht in Betracht (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

Bedarf von F1:

Bereinigtes Nettoeinkommen des M nach Abzug des Unterhalts für K1: 1.813,50 EUR

Erwerbstätigenbonus: 10 % aus 1.813,50 EUR = 181 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 1.813,50 – 181 EUR = 1.632 EUR

Einkommen der F1: 0 EUR

Bedarf von F1: ½ von 1.632 EUR = 816 EUR

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 44

Nachdem F1 kein Eigeneinkommen hat, entspricht dieser ermittelte Bedarf grds. auch der Höhe des Unterhalts von F1.

4. Leistungsfähigkeit des M

 

Rz. 45

M ist auch dem Kind K2 zum Unterhalt verpflichtet.

Wenn M den Kindesunterhalt und den Unterhalt für F1 in der ermittelten Höhe leisten...

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