Dr. Oliver Brockmann, Dr. Michael Nugel
Rz. 47
Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Umgangs mit den Daten, welche in modernen Fahrzeugen in wachsender Vielzahl entstehen und einen Personenbezug aufweisen können, haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine gemeinsame Erklärung zu den datenschutzrechtlichen Aspekten bei der Nutzung von Kfz am 26.1.2016 abgegeben. Diese Grundsätze gelten erst recht im Anwendungsbereich der DSGVO fort, welche die Rechte des Betroffenen nach den Art. 12 ff. DSGVO noch im erheblichen Umfang gestärkt hat.
Bei der weiteren Prüfung ist zu unterscheiden, ob es sich um Kraftfahrzeuge handelt, bei denen eine Datenspeicherung innerhalb des Fahrzeugs stattfindet ("offline"), oder ob eine Übermittlung von Daten aus dem Fahrzeug heraus erfolgt ("online"), wie etwa bei der Übermittlung und Speicherung von Fahrzeugdaten auf Backend-Servern.
Diese Unterscheidung ist sachgerecht, denn mit ihr kann den unterschiedlichen Sachverhalten und technischen Voraussetzungen Rechnung getragen werden, die im Einzelfall auch unterschiedlich rechtlich zu bewerten sein können.
Bei "Online"-Autos findet bereits im Zeitpunkt der Datenkommunikation aus dem Fahrzeug heraus eine Erhebung durch eine verantwortliche Stelle – also i.d.R. den Fahrzeughersteller statt.
Rz. 48
Einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt bildet für die Praxis das Auskunftsrecht des Betroffenen.
Im Anwendungsbereich des BDSG a.F. stand dem Betroffenen ein Auskunftsanspruch nach Art. 34 BDSG zur Verfügung, mit dem er zumindest eine Auskunft über die Kategorien der betroffenen Daten erhalten konnte. Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO geht nun deutlich weiter und führt dazu, dass der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen hat. Das Recht auf Erhalt einer solchen Kopie ist weit reichend und soll dem Betroffenen insbesondere die Möglichkeit geben, festzustellen, in welchem Umfang personenbezogene Daten betroffen sind und ob der Auskunftsanspruch schon vollständig erfüllt worden ist.
Der Begriff der "Kopie" bezieht sich zwar nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält und die vollständig sein müssen. Die Daten müssen vollständig und originalgetreu wiedergegeben werden. Dabei kann es sich als unerlässlich erweisen, Auszüge aus Dokumenten oder ganze Dokumente komplett zu reproduzieren, wenn die verarbeiteten Daten nur im Kontext verständlich dargelegt werden können. Insbesondere, wenn personenbezogene Daten aus anderen Daten generiert werden, kann eine vollständige Reproduktion unerlässlich sein, damit die betroffene Person eine transparente Auskunft und eine verständliche Darstellung dieser Daten erhalten kann. Dies bedeutet, dass der Hersteller alle Daten zu dem Verhalten eines Fahrers, die in der Fahrzeugelektronik hinterlegt sind, transparent als Information darlegen muss.
Rz. 49
Dieser Anspruch bildet zusammen mit dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot die Grundlage für eine umfassende Auskunftspflicht des Herstellers. Im Fall eines "Online Kfz" hat er alle in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich gespeicherten Daten auf Anfrage zur Verfügung zu stellen, wobei es der Anspruchssteller in der Hand hat, diesen Auskunftsanspruch durch konkrete Nachfragen zu gestalten und zu präzisieren, um die aus seiner Sicht relevanten Daten mit Personenbezug wie etwa gespeicherte Daten zur gefahrenen Geschwindigkeit, der Betätigung von Gas- und Bremspedale, den Eingriffen von Sicherheitssystem nebst Begleitdaten und Daten zum Lenkwinkel zu erhalten. Unbeschadet dessen erfasst der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO auch die Kategorie aller erfassten personenbezogenen Daten und die damit verbundenen Quellen und ergänzt damit den Anspruch auf Erhalt einer Datenkopie.
Rz. 50
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Muster 16.8: Auskunftsanspruch nach den Art. 12, 15 DSGVO
In vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass wir die rechtlichen Interessen von _________________________ als Eigentümer und Besitzer des Fahrzeugs vom Typ _________________________ mit der FIN _________________________ vertreten und machen Ihnen gegenüber als Hersteller einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO i.V.m. dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot des Art. 12 DSGVO für unseren Mandanten im Hinblick auf bei Ihnen als verantwortliche Stelle i.S.d. Art. 4 Abs. 7 DSGVO verarbeitete personenbezogene Daten geltend. Konkret geht es um die bei Ihnen als Hersteller vorhandenen Informationen zu dem Verhalten des Fahrzeugführers bzgl. eines Unfallgeschehens am _________________________ um _________________________ mit dem o.g. Kfz, wobei wir wegen der Einzelheiten auf folgende beigefügte Dokumente verweisen: _________________________
Sie als Hersteller werden dabei als Verantwortlicher i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO eingestuft, da nur Ihr Haus über die Organisationsherrschaft zur Ei...