Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 352
Die Vergütung und die Nebenleistungen der GmbH für den Geschäftsführer stellen den Ausgleich für die Erfüllung der Pflichten des Geschäftsführers dar. Das "Gesamt-Vergütungs-Package" (Total Compensation) hat auch zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG grundsätzlich keinen Kündigungsschutz (s. aber zu den neuen Tendenzen oben Rdn 237 ff. und Rdn 148 ff.) hat und er gem. § 43 GmbHG ein Haftungsrisiko trägt (vgl. Fleischer, NJW 2009, 2337), wenn er nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelt (vgl. Tamm/Fangerow, BB 2012, 1944 ff., 1950 zu Haftungsbegrenzungsstrategien; s. ferner unten Rdn 677 zur Haftungsbegrenzung durch eine D&O-Versicherung bei Vorstandsmitgliedern sowie zum Versicherungsumfang, Bosse, Checklisten Handbuch GmbH-Geschäftsführer, S. 226). Die Business Judgement Rule gibt dem Geschäftsführer Spielräume für unternehmerische Entscheidungen. Bei der Frage der Überschreitung des unternehmerischen Ermessens hat nicht die Gesellschaft das Verschulden des Geschäftsführers zu beweisen, sondern dieser sein Nichtverschulden (vgl. BGH v. 14.7.2008 – II ZR 202/07, NJW 2008, 3361 = GmbHR 2008, 1033; BGH v. 18.2.2008, DB 2008, 2354 = GmbHR 2008, 488). Entscheidend bei der Vertragsverhandlung ist, dass beide Seiten mit dem gefundenen Ergebnis zufrieden sind und der Geschäftsführer entsprechend zur Leistung motiviert ist.
Rz. 353
Als Leistungen der GmbH kommen in Betracht:
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Fixgehalt (x 12, 13 oder 14; Wertsicherung/Anpassung; in einer existenziellen Krise der GmbH kann allerdings eine Pflicht des GGF zur Reduzierung bestehen, vgl. OLG Köln v. 6.11.2007 – 18 U 131/07, GmbHR 2008, 1216; Kort, AG 2016, 209 ff., 213). Anm.: Die Regelungen des VorstAG zur Herabsetzung der Bezüge (§ 87 Abs. 2 AktG) gelten auch dann nicht analog für GmbH-Geschäftsführer, wenn die GmbH über einen Aufsichtsrat verfügt (so ausdrücklich BT-Drucks 16/13433, 16, vgl. Wachter, GmbHR 2009, 953 f., 957; BGH v. 27.10. 2015 – II AZR 296/14). |
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Short Term Incentive (z.B. jährliche Zielvereinbarungen/Gewinn-/Ermessens-/Garantie-/Staffel-Tantieme u.a. – vgl. OLG Frankfurt v. 18.4.2018 – 4 U 120/17, juris zu einem unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt; LG Düsseldorf v. 23.12.2010 – 15 O 276/10, juris) Anm.: Kommt die GmbH ihrer vertraglich eingegangenen Verpflichtung (Verhandlungspflicht) nicht nach, Zielvorgaben zu erstellen, kann der Geschäftsführer Schadensersatz von dieser verlangen (vgl. BAG v. 13.10.2021 – 10 AZR 729/19 erfolgsabhängige Vergütung/Zielvereinbarung/billiges Ermessen; BAG v. 17.12.2020 – 8 AZR 149/20, juris Ls; Hessisches LAG vom 30.4.2021 – 14 Sa 606/19, juris; vgl. ferner LAG Rheinland-Pfalz v. 24.8.2022 – 7 Sa 440/21, juris Rn 283 beiderseitige Verhandlungspflicht). |
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Gratifikation, Bonus, |
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Long Term Incentive, |
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Dienstwagen (üblich auch zur uneingeschränkten privaten Nutzung; einzelfallabhängig auch während einer evtl. Freistellung/längeren Krankheit), |
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Partnerschaft (Gesellschaftsanteile, typische/atypische stille Beteiligung), |
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Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall (üblich drei – 12 Monate), |
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Versicherungen (Unfall, Haftpflicht, Directors and Officers Liability [D&O]), |
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Betriebliche Altersversorgung, Pensionszusage, Deffered Compensation, Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, |
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Darlehen (vgl. im Einzelnen unten § 17 Rdn 615 ff.), |
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Urlaub (üblich 30 Tage; zur Urlaubsabgeltung vgl. OLG Düsseldorf v. 23.12.1999 – 6 U 119/99, DB 2000, 662 = GmbHR 2000, 278), |
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Auslagen-/Spesenerstattung, |
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Naturalvergütungen, |
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Entschädigungszusage/Karenzentschädigung für nachvertragliches Wettbewerbsverbot (vgl. OLG München v. 28.7.2010 – 7 U 2417/10; GmbHR 2010, 1031; BGH v. 28.4.2008, DB 2008, 1558; BGH v. 4.3.2002, BB 2002, 800 = NJW 2002, 1875; Wirbelauer, MDR 2018, 61 ff. sowie Menke, NJW 2009, 636 zur Gestaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit GmbH-Geschäftsführern sowie im Einzelnen unten § 34 Rdn 11 ff. mit Abgrenzung zu Kundenschutz- und Mandantenübernahmeklauseln sowie die Musterwettbewerbsvereinbarung für GmbH-Geschäftsführer s. § 34 Rdn 123), |
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Abfindungsvereinbarung/Überbrückungsgeld (für den Fall der Trennung; s.o. im Einzelnen Rdn 270 ff.), |
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Change of Control – Klausel (s.o. im Einzelnen Rdn 341; s.u. für Vorstände Rdn 707 ff.). |
Rz. 354
Die Höhe und die Zusammensetzung der Vergütung hängen von vielfältigen Faktoren und letztlich dem Verhandlungsgeschick ab. Die Bandbreite der Vergütungspackages zwischen dem Geschäftsführer der kleinen GmbH und dem oder den Geschäftsführer(n) der großen GmbH sind erheblich. Das Unternehmen wird eher daran interessiert sein, die festen Bezüge gering zu halten, da die größte Motivationswirkung naturgemäß von erfolgsabhängigen Bezügen ausgeht. Um hervorragende Geschäftsführer langfristig an das Unternehmen zu binden, sind langfristig ausgelegte Anreizsysteme, sog. Long Term Incentives, als zusätzliche Motivation neben den kurzfristigen jährlichen Tantiemezahlungen (Short Term Incentives) im Vormarsch. Vermeh...