Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 591
Soweit es sich bei dem Vorstandsvertrag um einen Formularvertrag der AG i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB mit für eine Vielzahl von Vorstandsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen handelt, ist der Weg für eine Inhaltskontrolle gegeben; es handelt sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies ist im Einzelfall genau zu prüfen, in der Praxis aufgrund mangelnder Kenntnis über die anderen Vertragssituationen allerdings nicht immer einfach. Es gilt zwar der Erfahrungsgrundsatz, dass je höher die Position angesiedelt ist, umso mehr individuell verhandelt wird. Gleichwohl kommen (identisch) vorformulierte Vertragsbedingungen bspw. für alle Vorstände in einem Großkonzern durchaus vor. Sie sind oftmals einheitlich ausgestaltet, weshalb die §§ 305 ff. BGB zu beachten sind (vgl. BGH v. 24.9.2019 – II ZR 192/18, juris Rn 13; Mutter, AG 2016, R316).
Rz. 592
In der Praxis kann es aus den vorgenannten Gründen im Zweifel entscheidend darauf ankommen, ob das Vorstandsmitglied bei Abschluss seines Vorstandsvertrages als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB gehandelt hat, wodurch der erweiterte Anwendungsbereich des § 310 Abs. 3 BGB eröffnet ist. Davon ist auszugehen, auch wenn eine explizite Entscheidung des BGH noch aussteht (vgl. Holthausen, NZG 2022, 731, 735). Ausdrücklich hat bereits das BAG den GmbH-Geschäftsführer bei Abschuss seines Dienstvertrages als Verbraucher angesehen (vgl. BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 = DB 2010, 2048; vgl. ferner Bauer/Arnold, ZIP 2006, 233; vgl. ferner Weppner, BB 2010, 790 unter Bezug auf LG Düsseldorf v. 6.11.2009, BB 2010, 789).
Rz. 593
Mit Wirkung zum 1.10.2016 hat der Gesetzgeber durch die Änderung des § 309 Nr. 13 BGB in die Formwahlfreiheit zulasten der Unternehmen eingegriffen. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen im Interesse der Verbraucher missverständliche Schriftformklauseln künftig ausgeschlossen werden. Für Erklärungen oder Anzeigen des Verbrauchers ggü. dem Verwender oder einem Dritten soll nur noch Textform wirksam vereinbart werden können. Bloße vertragliche Anzeigepflichten, wie ehrenamtliche Betätigungen, können nicht mehr der harten Schriftform unterworfen werden, sondern es genügt die Textform (vgl. Mutter, AG 2016, R 316). Für Kündigungen, sowohl seitens des Unternehmens wie des Vorstands, gibt es keine Änderungen ebenso wenig wie beim Zustimmungserfordernis des Unternehmens für etwaige Nebentätigkeiten des Vorstandsmitglieds. Insoweit kann weiterhin die Schriftform im Vertrag vereinbart werden.