Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 120
Die dem bisherigen § 11 AGBG entsprechende Bestimmung des § 309 BGB enthält die sog. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit. Für den Bereich des Arbeitsrechtes handelt es sich dabei um eine Falschbezeichnung, weil § 310 Abs. 4 S. 2 BGB auch insoweit stets eine Entscheidung darüber verlangt, ob die uneingeschränkte Anwendung des jeweiligen Klauselverbotes mit den im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten vereinbar ist.
Rz. 121
Von den Tatbeständen des § 309 BGB sind für das Arbeitsrecht folgende von besonderer Bedeutung:
Ausschluss oder Einschränkung von Zurückbehaltungsrechten des Arbeitnehmers gem. § 309 Nr. 2b BGB
Praktische Bedeutung für Arbeitsverträge dürfte zunächst § 309 Nr. 2b BGB erlangen, wonach in AGB eine Bestimmung unwirksam ist, durch die "ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt" wird. Zweifelhaft erscheint in Anbetracht dieser Regelung, ob – wie dies der bislang üblichen Vertragspraxis entspricht – ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an ihm vom Arbeitgeber überlassenen Gegenständen (etwa Pkw, Mobiltelefon oder Laptop, die dem Arbeitgeber auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt sind) in AGB ausgeschlossen werden kann. Dies wird man wohl nur bejahen können, sofern der Arbeitgeber ein aus der spezifischen Struktur der Arbeitsbeziehung resultierendes berechtigtes Interesse am Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes hat. Ein solches wird man etwa dann anerkennen können, wenn bei weiterer Besitzüberlassung eine Gefahr für Betriebsgeheimnisse besteht, was typischerweise beim Laptop anzunehmen sein wird (so Annuß, BB 2002, 458, 463; ausführlich Gotthardt, ZIP 2002, 277, 283; s.a. unten Rdn 1472 f.).
Rz. 122
Schadenspauschalierung gem. § 309 Nr. 5 BGB
§ 309 Nr. 5 BGB enthält inhaltliche Vorgaben für die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen. Diese sind von der Vertragsstrafe abzugrenzen. Soll die Schadenspauschale allein den Schadensbeweis ersparen, hat die Vertragsstrafe zwei Funktionen. Sie soll zum einen die Erfüllung der Hauptleistungspflicht sichern und zum anderen den Schadensbeweis entbehrlich machen. Maßgeblich für die Abgrenzung ist deshalb, ob auch "Druck" zur Erfüllung der Verbindlichkeit ausgeübt werden soll. Da die Abreden für den Fall des Vertragsbruches des Arbeitnehmers im Arbeitsrecht jedoch regelmäßig als Vertragsstrafen angesehen werden, ist der praktische Anwendungsbereich des § 309 Nr. 5 BGB im Arbeitsrecht eher gering.
Rz. 123
Vertragsstrafe gem. § 309 Nr. 6 BGB
Insb. für Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern in gehobenen Positionen ist bedeutsam, inwieweit § 309 Nr. 6 BGB im Bereich des Arbeitsrechtes Anwendung finden kann. Nach dieser Regelung ist eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Verwender, falls "der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird". Da nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB bei der AGB-Prüfung die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind, findet § 309 Nr. 6 BGB allerdings auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafenversprechen nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. zuletzt v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14) keine Anwendung. Für die Praxis ist es aber empfehlenswert, ein Vertragsstrafenversprechen als Individualabrede zu vereinbaren bestenfalls die Höhe der Strafe vom Arbeitnehmer selbst bestimmen zu lassen.
Rz. 124
Abreden über Vertragsstrafen sind aber einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB zu unterziehen, insb. ist das Transparenzgebot auf sie anzuwenden. Sowohl die vereinbarte Strafe als auch der Tatbestand, der sie auslösen soll, müssen klar und deutlich bezeichnet sein, damit der andere Teil sich in seinem Verhalten darauf einstellen kann (BAG v. 17.3.2016 – 8 AZR 665/14). Das BAG hat bspw. eine Vereinbarung bei "schuldhaft vertragswidrigem Verhalten" ohne nähere Konkretisierung der Vertragswidrigkeit für unwirksam erachtet (BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053). Ausreichend wird sein, dass das strafbewährte Verhalten des Arbeitnehmers durch eine beispielhafte Aufzählung konkretisiert wird, wobei in diesem Fall bei der Bestimmung der konkreten Vertragsstrafenhöhe eine Angemessenheit zu beachten. Eine geltungserhaltende Reduktion auf eine angemessene Höhe findet nicht statt (vgl. BAG, a.a.O.).
Rz. 125
Beweislastmodifikation gem. § 309 Nr. 12 BGB
Nach § 309 Nr. 12 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insb. in dem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen oder ihn bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Letzteres kann Auswirkungen für Empfangsbekenntnisse haben, die nur wirksam sind, wenn sie gesondert unterschrieben werden.
Rz. 126
Besondere Formerfordernisse für die Rechtsausübung gem. § 309 Nr. 13 BGB
Nach der ab dem 1.10.2016 geltenden Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, d...