Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 46
Zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses steht eine Probezeit, welche auch dann zulässig ist, wenn sich das Ausbildungsverhältnis an ein Arbeitsverhältnis anschließt (BAG v. 16.12.2004 – 6 AZR 127/04, NZA 2005, 578). Der durch § 20 BBiG vorgegebene Zeitrahmen von mindestens einem und höchstens vier Monaten kann für den Fall einer Unterbrechung durch Krankheit von den Parteien vertraglich verlängert werden (Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 20 Rn 18; Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 86; vgl. dazu auch BAG v. 9.6.2016 – 6 AZR 396/15, NZA 2016, 1406). Fehlt eine solche Vereinbarung, verlängert sich die Probezeit nicht automatisch um die Dauer der Krankheit (Lakies/Malottke/Lakies, BBiG, § 20 Rn 18; Götz, Berufsbildungsrecht, Rn 111). Auf die festgelegte Dauer der Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis ist der Zeitraum eines vorausgegangenen Praktikums nicht anzurechnen (BAG v. 19.11.2015 – 6 AZR 844/14, NZA 2016, 228). Besonderheiten ergeben sich insb. aus § 22 Abs. 1 BBiG, der während der Probezeit eine fristlose Kündigung ermöglicht, die bereits vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen kann, sich aber in den Grenzen der §§ 138, 242 BGB halten muss. Es gelten die Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 9 MuSchG und 18 BEEG, sowie nach der herrschenden Meinung auch die Vorschriften des KSchG, insb. die §§ 4 bis 7 KSchG (Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 88).
Rz. 47
Lange Zeit war nicht geklärt, auf welchen Zugang es bei der Kündigung eines minderjährigen Auszubildenden ankommt. Das BAG hat mit Urt. v. 8.12.2011 (6 AZR 354/10, NZA 2012, 495) entschieden, dass eine schriftliche Willenserklärung zugeht und gem. § 131 Abs. 2 S. 1 BGB wirksam wird, wenn sie mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden ist, dass sie den gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen erreicht und wenn sie tatsächlich in den Herrschaftsbereich des Vertreters gelangt (vgl. auch Hülsemann, ArbRAktuell 2016, 107). Folglich gehe ein Kündigungsschreiben, welches am Morgen des letzten Tages der Probezeit des Ausbildungsverhältnisses durch Boten in den gemeinsamen Hausbriefkasten des minderjährigen Auszubildenden und seiner ihn gesetzlich vertretenden Eltern geworfen werde, noch an diesem Tag zu. Auch der Wille des Ausbildenden, dass das Kündigungsschreiben die Eltern des Minderjährigen als dessen gesetzliche Vertreter erreichen solle, werde dadurch hinreichend erkennbar, dass das Kündigungsschreiben an den Auszubildenden, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, adressiert sei.
Rz. 48
Die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses tritt nach § 21 BBiG mit Zeitablauf ein. Dies gilt auch dann, wenn die Abschlussprüfung erst nach Ablauf der Ausbildungszeit stattfindet (BAG v. 13.3.2007 – 9 AZR 494/06, NZA 2007, 1391). Liegt eine Stufenausbildung vor, endet das Ausbildungsverhältnis erst mit Ablauf der letzten Stufe. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vorzeitig (§ 45 BBiG), so ist das Ausbildungsverhältnis schon zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss beendet (§ 21 Abs. 2 BBiG; hierzu BAG v. 20.3.2018 – 9 AZR 479/17, AP BBiG § 24 Nr. 2). Besteht er nicht, kann der Auszubildende eine Verlängerung in den nach Treu und Glauben zu bemessenden Grenzen, höchstens jedoch um ein Jahr, verlangen, § 21 Abs. 3 BBiG (vgl. BAG v. 15.3.2000 – 5 AZR 622/98, NZA 2001, 214; Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 174 Rn 109; Götz, Berufsbildungsrecht, Rn 297 ff.). Der Verlängerungsanspruch entsteht mit Kenntnis des Auszubildenden vom Nichtbestehen der Prüfung. Die Geltendmachung ist vor dem regulären Ende des Ausbildungsverhältnisses nicht fristgebunden, nach dessen Ende ist der Verlängerungsanspruch unverzüglich geltend zu machen (BAG v. 23.9.2004 – 6 AZR 519/03, DB 2005, 1007). Mit dem Termin der zweiten Wiederholungsprüfung endet das Ausbildungsverhältnis auch dann, wenn der Auszubildende die Prüfung erneut nicht besteht (BAG v. 26.9.2001, EzA Nr. 11 zu § 14 BBiG). § 21 Abs. 3 BBiG findet analoge Anwendung, wenn der Auszubildende wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht an der Prüfung teilnehmen kann (BAG v. 30.9.1998 – 5 AZR 58/98, NZA 1999, 434). Bei nachträglicher Verlängerung oder Verkürzung des Arbeitszeitraums kommt es nicht zu einer automatischen Verlängerung des Anstellungszeitraumes (§ 8 Abs. 1, 2 BBiG). Es bedarf hierzu vielmehr einer dahingehenden vertraglichen Vereinbarung (Schaub, ArbR-HdB a.F., § 174 Rn 107).
Rz. 49
Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses besteht grds. kein Anspruch des Auszubildenden auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Ausnahmsweise kann aber etwas anderes gelten, so etwa für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 78a BetrVG) oder nach dem PersVG des Bundes und der Länder (BAG v. 23.8.1984, RdA 1985, 187; Houben, NZA 2006, 769).
Rz. 50
Ein Anspruch auf Einstellung kann in gewissen Fällen aus der Verletzung von Grundrechten folgen (BVerfG v. 19.5.1992 – 1 BvR 126/85, BB 1992, 1792). Er kann sich auch aus Weiterarbeitsklauseln in Kollektiv- oder Einzel...